Johann Nikolaus Meinhard (GND 116863633)

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Daten
Nachname Meinhard
Vorname Johann Nikolaus
GND 116863633
( DNB )
Wirkungsgebiet Kunst, Wissenschaft


Johann Nikolaus Meinhard in der BSB

MEINHARD (Johann Nikolaus) zu Erlangen am 11. September 1727 gebohren. Sein Familiennahme war Gemeinhard, den er aber abänderte, und sich Meinhard schrieb; von den Italienern ließ er sich Mainardo, und von den Franzosen Menard nennen. Den ersten Jugendunterricht erhielt er von Hauslehrern, besuchte hernach die Ritter Akademie in Erlangen, und als sein Vater, Justizrath in Bairenthischen Diensten, im J. 1743 als gräflich Solmsischer erster Regierungsrath nach Rödelheim berufen wurde, das Gymnasium zu Idstein im Nassauischen. Für die Theologie bestimmt, gieng er im J. 1746 nach Helmstadt, und studirte sie 2 Jahre unter Mosheim und Hardt, gab sie aber dann wieder auf, weil er die Welt sehen und kennen lernen, und unabhängig von Systemen und Meynungen leben wollte. Im J. 1748 wurde er Hauslehrer bey einigen jungen Herren in Liefland, und studirte zugleich die alten und neuen Klassiker mit dem gröstem Eifer. In Jahre 1751 gieng er nach Koppenhagen, und 1752 nach Göttingen, wo er sich 2 Jahre auf die schönen Wissenschaften, auf Geschichte, und auf die alten und neuen Sprachen verlegte. In J. 1755 begab er sich abermalen nach Liefland, da es ihm dort sehr gefallen hatte, und besonders, weil ihm das dortige Klima in Ansehung seiner Gesundheit, die durch Hiepochondrie sehr gelitten hatte, am Besten zusagte. Da er in diesem Lande noch in gutem Andenken stand, erhielt er gleich bey einem Baron von Budberg eine Hauslehrerstelle, und reisete mit seinem Zögling durch Teutschland, Frankreich, Spanien, und Italien auf eine sehr zweckmäßige Art. Nach glücklicher Wiederkehr gieng er 1759 nach Frankfurt am Main zu seiner Mutter, die ihn bey sich zu behalten wünschte. Er aber, getrennt von seinen gelehrten Freunden und mißmuthig über das Getümmel des damahligen siebenjährigen Krieges, dachte jetzt ganz wider seine Neigung darauf, eine bestimmte Lebensart zu wählen, nahm deshalb zu Helmstädt die Würde eines Magisters der Philosophie an, und beschloß, Vorlesungen über die schönen Wissenschaften zu halten. Doch bald trieb ihn sein unsteter Geist von dort weg nach Braunschweig, um den Dichter Zachariä kennen zu lernen, und da sich dieser eben in Hamburg befand, eilte Meinhard dorthin, wurde Zachariä’s Freund, und kehrte mit ihm nach Braunschweig zurück. Hier vergaß er bey literarischen Beschäftigungen, und im täglichen Umgang mit Zachariä, Ebert, Gärtner und Schmidt eine Zeitlang seine Hypochondrie, war froh und heiter, bis nach einem Jahre das Uebel seine Angriffe desto stärker erneuerte. Er schlug die annehmlichsten Anträge, eine Professorsstelle am Collegium Carolinum zu Braunschweig, eine Hauslehrersstelle bey dem geheimen Rath von Langhausen in Liefland, und das Sekretariat bey dem Herzoge von Bevern aus, und gieng nach Leipzig, wo er bey Gellert wohnte. Im Jahre 1763 trat er als Hofmeister eines Grafen von Moltke eine Reise an, kam auf derselben auch nach England, und nach zwey Jahren zurück. Er brachte noch einige Zeit in Braunschweig zu, und wählte sich dann, taub gegen Gleim’s Anerbiethen, in Halberstadt unentgeltlich mit ihm als Haus- und Tischfreund zu leben, Erfurt zu seinem Aufenthaltsort, wo er die Luft, die doch seinen kranken Geist nicht heilen konnte, für seine Gesundheit am zuträglichsten hielt. Hier lebte er als Fremder in dem abgelegensten Theil eines Gasthauses, vermied alle Bekanntschaften, brachte oft ganze Wochen in der Einsamkeit zu, und verschloß sich mit seiner auserlesenen Büchersammlung, ohne daß ihn, ausser dem Aufwärter, der ihm täglich etwas Weniges zu essen bringen muste, Jemand zu sehen und zu sprechen bekam. Im April 1767 gieng er nach Berlin, wo er von nun an beständig den Sommer, den Winter aber in Erfurt zuzubringen beschlossen hatte. Er kam aber nicht wieder von Berlin zurück, sondern starb daselbst am 15. Junius 1767 im vierzigsten Jahre seines Alters. Meinhard war von mittlerer, wohl proportionirter Statur, mit einer sanften immer freundlichen Miene, aber sehr mager und bleich, und sein Körper war durch das viele Reisen, durch angestrengtes besonders nächtliches Studieren, durch die zu oft veränderte Lebensart, durch milzsüchtige Zufälle, und durch seine, fast nur in Gemüßen und Obst bestehende, Nahrung sehr geschwächt. Dieß Alles muste ihn wohl frühezeitig ums Leben bringen. Ungemein liebte er in Allem die Reinlichkeit, und das Niedliche, war nie prächtig, doch immer mit Geschmack gekleidet, wohnte gern in schönen Zimmern, aber nur allein; daher er, wenn sich seine Bekanntschaft an einem Orte zu sehr vermehrte, seinen Aufenthalt veränderte. Er lebte ohne Amt, ohne äußerlichem Charakter, wollte durchaus keinen Rang und Titel, befand sich immer an seinem Arbeitstisch, und besaß eine ganz ausserordentliche Belesenheit. Er verstand Griechisch, Hebreäisch, Lateinisch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Dänisch, und Holländisch, und in seiner sehr grossen auserlesenen Bibliothek befanden sich die besten Werke aller Nationen. Seine Schriften:

Vergl. Denkmahl des J. N. Meinhard, an geh. Rath Klotz von Friedr. Just. Riedel. Jena. 8. 1768. Steht auch in Riedel’s sämmtl. Schriften. Wien 1787. Th. V. S. 97--158. u. in Heinzmann’s lit. Chronik. B. II. S. 3--53. Klotz teutsche Biblioth. der schönen Wiss. B. I. St. 3. S. 1--11. Bibliothek neue der schönen Wiss. B. VI. St. 1. S. 139. Bibliothek allg. teutsche B. X. St. 2. S. 39--42. Baur’s hist. biograph. Handwörterbuch B. III. S. 633. Ladvocat’s Handwörterbuch B. VI. S. 1328. Hirsching’s hist. lit. Handbuch B. V. Abth. 1. S. 203--207. Fikenscher’s gel. Baireuth B. VI. S. 28--39. Meusel’s Lexikon verst. Schriftst. B. IX. S. 39--44. Rotermund’s Lexikon B. III. S. 1253. Küttner’s Charakter teutscher Dichter u. Prosaisten S. 307. Jörden’s Lexikon teutscher Dichter u. Prosaisten B. VI. S. 725--736. Bougine Handbuch der allg. Lit. Gesch. Th. IV. S. 481. Erlang. gel. Anmerk. 1768. n. 6. S. 45.

  1. 1. Versuche über den Charakter und die Werke der besten italienischen Dichter. Erster Band. Braunschweig. 8. 1763. 2ter Band 1764. 3ter Band. fortgesetzt von Christian Joseph Jagemann. 1774. Neue Auflage, mit einer Vorrede von Zachariä. 3 Bände. eb. 1774. [1]
  2. 2. Grundsätze der Kritik in 3 Theilen von Heinr. Home; aus dem Englischen übersetzt. Erster u. 2ter Theil. Leipz. 8. 1763. 3ter Theil. 1766. 2te, von Chr. Garve besorgte, Auflage. eb. 1772. 3te, von Schatz verm. u. verb. Aufl. 3 Bände. eb. 1790--1791. [2]
  3. 3. Theagenes und Chariklea, eine äthiopische Geschichte in 10 Büchern; aus dem Griechischen des Heliodor übersetzt. 2 Theile. Leipzig b. Dyck. 8. 1767. [3]
  4. 4. Gaillard’s Geschichte Franz I. Königs von Frankreich: aus dem Französ. übersetzt. Braunschweig 8. 1767. Der 2te, 3te, u. 4te Theil wurden von Matth. Theodor Christoph Mittelstedt übersetzt. eb. 1767--1769. [4]
  5. 5. Verschiedene Aufsätze in dem Hannoverschen Magazin.
  6. 6. Abhandlung des Hn. Cesarotti über den Ursprung und Fortgang der Poesie, aus dem Italienischen übersetzt; in der neuen Bibliothek der schönen Wissensch. B. II. S. 1--54.
  7. 7. Gedichte und Lieder in Christ. Heinr. Schmidt’s Anthologie der Teutschen.
  8. 8. Meinhard an Gleim, nebst Uebersetzung von zwey Spanischen Romanzen; im teutschen Museum 1777. B. II. S. 537.--552.
  9. 9. Rezensionen in der Bibliothek der schönen Wissenschaften u. freyen Künste, und in der allgem. teutschen Bibliothek.
  10. 10. Viele einzelne Gedichte.
  11. 11. Eine Tragödie, deren Stoff aus der Geschichte des Hauses Medicis entlehnt war, blieb unvollendet. An der Herausgabe seines allgemeinen Abrisses von der schönen Literatur der berühmtesten ältern u. neuern Nationen durch Auszüge, Uebersetzungen u. Bemerkungen, hinderte ihn Kaltsinn des Publikums, und Mangel an Unterstützung, an der Herausgabe der Nachrichten von Spanischen u. Portugiesischen Poesien, und an Vollendung seiner neuen Uebersetzung Homer’s aber der Tod.
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Fußnoten

  1. s. Allg. t. Bibl. B. 1. II. S. 279. u. B. 25. I. S. 221. Bibl. d. schön. Wiss. B. 9. I. S. 18. u. B. 12. I. S. 63. Goth. gel. Z. 1774. St. 104. S. 825. Schirachs Mag. d. teutsch. Kritik. B. 3. Th. 2. S. 201.
  2. s. Bibl. d. schön. Wiss. B. 9. II. S. 189. u. B. 10. II. S. 230. Neue Bibl. d. schön. Wiss. B. 3 u. 4. Allg. t. Bibl. B. 2. II. S. 1. B. 4. I. S. 188. u. B. 21. II. S. 542. Jen. Lit. Z. 1794. III. S. 318. Goth. gel. Z. 1790. St. 58. S. 550. Gött. gel. Z. 1792. I. S. 398. Leipz. gel. Z. 1792. II. S. 312. Eberts bibliographisches Lexikon B. I. S. 802. n. 9932.
  3. s. Degen Lit. d. teutsch. Uebersetz. der Griechen B. I. S. 300. Eberts bibliograph. Lexikon B. I. S. 750. n. 9409.
  4. s. Eberts bibliograph. Lexikon B. I. S. 642. n. 8047.