Johann Christoph Wagenseil (GND 119090198)

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Daten
Nachname Wagenseil
Vorname Johann Christoph
GND 119090198
( DNB )
Wirkungsgebiet Wissenschaft, Politik


Johann Christoph Wagenseil in der BSB

WAGENSEIL (Johann Christoph) Professor zu Altdorf; am 26. November 1633 zu Nürnberg gebohren, wo sein Vater Georg Christoph Wagenseil Kaufmann war. Da er erst ein Jahr alt war, kam er mit seinem Vater nach Stockholm, wo er dann den ersten, und seit 1645 in Greifswalde und Rostock fernern Unterricht erhielt. Im Jahre 1646 kam er mit seinen Eltern nach Nürnberg zurück, besuchte die Gymnasialklassen, und begab sich 1649 nach Altdorf, wo er fünf Jahre studirte. Im J. 1654 wurde er nach Oesterreich von den Grafen Ehrenreich von Abensberg und Traun als Hofmeister seiner beiden Söhne berufen. Es wurden seiner Leitung und seinem Unterricht 1657 noch 2 junge Herren, Freiherr Rudolph Wilhelm von Stubenberg, und Graf August von Harteck anvertraut, mit welch letzterem er die Universitäten Heidelberg und Strasburg besuchte. Er trat dann 1661 mit dem jungen Grafen Ferdinand Ernst von Traun eine grosse Reise durch ganz Teutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Holland, und England an, und kam auch von Cadix aus bis nach Ceuta in Afrika. Wagenseil wurde von der Societät der sogenannten Incultorum zu Turin, und von der Academia Recuperatorum zu Padua unter die Mitglieder aufgenohmen. Am 29. Junius 1665 erhielt er in Orleans das Doktorat beider Rechte. Da er im J. 1667 wieder nach Nürnberg kam, wurde er sogleich an der Universität zu Altdorf Professor des Staatsrechts und der Geschichte. Das Lehramt der Geschichte vertauschte er nach acht Jahren mit jenem der orientalischen Sprachen. Er verehelichte sich den 21. August 1667 mit Margaretha Barbara Praun, Wittwe des Kaufmanns Heusse, und nach derselben Tod 1701 mit Friderike Susanna Barbara Löscher, des Nürnbbergischen Predigers Lange Wittwe. Fürst Adolph Johann, Pfalzgraf bei Rhein, übertrug ihm im J. 1676 die Erziehung seiner 2 noch minderjährigen Prinzen Adolph Johann und Gustav Samuel, welche er ihm nach Altdorf in die Kost und Unterweisung gab, und ihn zu seinem Rath ernannte. Einen Ruf mit einer ansehnlichen Besoldung als Professor an die Universität zu Leiden nahm er nicht an. Im J. 1697 wurde er zu Altdorf Lehrer des geistlichen Rechts, und erhielt die Aufsicht über die Universitätsbibliothek, welche er aber nach einem Jahre, da ihm das Alter bereits viele Beschwerlichkeiten verursachte, an Professor Moller seinen Schwiegersohn abtrat. Er starb am 9. Oktober 1705. Professor Wagenseil war ein berühmter Gelehrter, und besonders in dem teutschen Staatsrecht, in der Orientalischen Literatur, und im Rabbinischen sehr bewandert. Seine Vorlesungen waren sehr gründlich und verständlich, und ganz trockene Materien wuste er immer mit aufgeweckten, interressanten, und unterhaltenden Anekdoten zu vermengen. Seine Correspondenz war sehr weitläufig, und in seiner Bibliothek befanden sich höchst seltene orientalische Manuscripte, und kostbare Werke in allen Sprachen und aus allen Fächern. Aber bei aller seiner Weisheit besaß er auch, gleich manchen anderen grossen Gelehrten älterer, neuerer, und neuester Zeit, manche Eigenheiten und Thorheiten. Seine Gattin durfte auf der Strasse niemalen auf der rechten Hand, und ganz an seiner Seite, sondern muste einen halben Schritt rückwärts gehen, und, selbst wenn er mit ihr sprach, durfte sie nicht hervortreten. Nie schnitt er die Nägel an den Füssen ab, und je grösser sie wurden, desto längere Schuhe ließ er sich machen. Er versprach, ein Geheimniß zu entdecken, wie sich Freunde, die in der ganzen Welt zerstreut sind, in Geheim augenblicklich einander ihre Gedanken mittheilen können, und ein Licht zu bereiten, welches akkurat so lange brenne, als der Mensch lebe, mit seinem Tode aber verlösche. Er behauptete, daß man alte seltene Münzen von neuen nachgemachten ganz leicht durch den bloßen, aber zarten, Geruch unterscheiden könne. Gegen das Podagra, die Epilepsie, die Lungensucht, Hektik, und die Wassersucht gab er vor, ganz neue unfehlbare, vollkommen und für immer helfende, Mittel zu wissen. Aber alle diese Mysterien wurden mit ihm begraben, und ich zweifle, ob sie nach ihm ein Anderer wieder erfinden wird. Seine Schriften:

Vergl. Jöcher’s Gelehrten Lexikon B. IV. S. 1768--1770. Acta Erudit. Lips. 1706. S. 47. Nicerons Nachrichten von berühmten Gelehrten, herausgegeben von Baumgarten (Halle 1750) Th. II. S. 340--354. Wagenseilii vita, et consignatio scriptorum, ex recensione Frid. Rothscholzeri (4. Norimb. Altd. 1719) 20 S. Bruker’s Ehrentempel der teutschen Gelehrsamkeit B. I. S. 206--209. Will’s Geschichte der Univers. Altd. S. 41. 86. 115 u. 331. Will’s u. Nopitsch Nürnb. Gel. Lexikon B. IV. S. 144--155. u. B. VIII. S. 369. Gesneri Isagoge in erudit. univers. edit. Niclasii 1784. B. I. S. 43. Hirsching’s Handbuch fortges. von Ernesti B. XV. S. 196-203. Reimanii hist. literar. Th. V. S. 617. Histor. Bibl. Fabric. Th. I. S. 252. Th. V. S. 346--352. u. Th. VI. S. 56-58. u. 416. Morhof Polyhist. lit. philos. et pract. B. I. S. 11. u. 15. S. 186. u. 297. u. B. II. S. 458. 461. 490. u. 500. Bougine Handbuch d. Lit. Gesch. B. II. S. 431. Ladvocat’s Handwörterbuch B. IV. S. 928.

  1. 1. Oratio Super verba L. Junii Bruti. 4. Altd. 1653.
  2. 2. Gesetze u. Freyheiten der in Frankreich neu aufgerichteten ostindischen Compagnie. Französisch u. Teutsch. 4. Ohne Druckort. 1665.
  3. 3. Hadr. Valesii, Histor. Regii, et Jo. Cph. Wagenseilii de Coena Trimalcionis nuper sub Petronii nomine vulgata, Dissertationes. Lutetiae Paris. 8. 1666. Nova edit Norimb. 8. 1667. Paris 8. 1687. Steht auch im Anhange der Burmannischen Ausgabe des Petrons. 4. 1700. S. 309.
  4. 4. Disp. de Pontificis Rom. electione. 4. Altd. 1668. Nov. edit. 1670.
  5. 5. De repressaliis. ib. 1671.
  6. 6. De Conventibus Deputationum. 4. ib. 1672.
  7. 7. De praecognitis juris publici. ib. eod.
  8. 8. De divisione imperii germ. in quaterniones et circulos. ib. eod.
  9. 9. De imperii Archivo, Aurea Bulla, et Lipsanis imperii. ib. 1673.
  10. 10. De imperii matricula. ib. eod.
  11. 11. De titulis Imperatoris ejusque insignibus. ib. 1674.
  12. 12. Sota, hoc est, liber mischnicus de uxore adulterii suspecta, latine versus, cum commentario. 4. ib. eod. Steht auch in der Mischna Surenhusii. Amstelod. 1698-1703.
  13. 13. Disp. contra Catalogum Imperatorum Franciorumo 4. Altd. 1675.
  14. 14. Contra Catalogum Imperatorum, qui post. Francicos ad Interregnum usque Imperia Germ. praefuerunt. ib. eod.
  15. 15. Disp. de loco classico Gen. 46, 10. ad Cph. Arnoldum. 4. ib. 1676.
  16. 16. Solenia pietatis, que Ge. Sig. Farero, Triumviro et Ephoro praestitit. 4. Norimb. 1677.
  17. 17. Disp. de loco classico Esai 7, 14. Altd. 1678.
  18. 18. De rescriptis moratoriis. ib. 1681.
  19. 19. Disp. cont. positiones ex jure Nat. Gent. civ. can. feud. crim. publ. historia et politicis. ib. eod.
  20. 20. Tela ignea Satanae, hoc est, arcani et horribiles Judaeorum adversus Christum, Deum, et Christianam religionem libri anecdoti, ex Europae, Africae que latebris eruti et in lucem protrusi. II. Vol. Altd. 4. 1681.
  21. 21. Sacra parentalia Ge. Fried. Behaimi. ib. 1682.
  22. 22. Disp. de Rom. Pontificibus ex Germanorum gente creatis. ib. 1683.
  23. 23. De iure venandi ib. 1684.
  24. 24. De portuum et vectigalium iure. ib. 1685.
  25. 25. De comitiis universalibus S. R. G. imperii. 1686.
  26. 26. De S. R. G. imperii summis officialibus, et eorundem Subofficialibus. 4. 1686.
  27. 27. Curiosi Aletophili Tractatus politico historicus de moribus, ritibus ac ceremoniis in aulis Regum et Principum, legationibus, Congressibus et conventibus Magnatum, usitatis. 12. 1687.
  28. 28. Directorium aulicum de ratione status in aulis Imperatorum, Regum, Principum aliarum Personarum illustrium observanda; Tractatus singularis. 12. Hagae Comitis 1687.
  29. 29. De Abbatissis 1687.
  30. 30. Exercitationes sex varii argumenti. 4. Altd. et Nor. 1687. Nov. edit. 1719.
  31. 31. Disp. de iure ordinum Protestantitium Imperii R. G. circa sacra. 1688.
  32. 32. Disp. de Monialibus. 1688.
  33. 33. Epistola ad Ge. Reich. Hammer. 1689.
  34. 34. Disp. de repressaliis. 1689.
  35. 35. De Hydraspide sua, seu advertus extrema pericula aquarum munimento ac praesidio, ad Petr, Valckenierium epistola. Additur Jo. Lemovicensis morale somnium Pharaonis, et ab interitu vindicatur. 4. Altd. 1690.
  36. 36. Wasserschild, welcher in dem Ehrentempel der geheiligten Majestät Kaisers Leopold aufhenket J. C. W. eb. 1690.
  37. 37. Theses des principes du Blason, ou de l’arts heraldique 1695. Ist eine französische Disputation, welche Dr. Rink 1719 wieder neu auflegen ließ.
  38. 38. Disp. de iure legum ferendarum. 4. Altd. 1690.
  39. 39. De politica practica, exhibens rationis status et statistarum moderatorum omnium rerum publicarum naturam et qualitates. ib. 1691.
  40. 40. De iure foederum in Imperio. 4. ib. eod.
  41. 41. De Rege Romanorum. ib. eod.
  42. 42. De re monetali veterum Romanorum ib. eod.
  43. 43. De Academiis. ib. 1692.
  44. 44. De civitatibus Imperii liberis. ib. 1693.
  45. 45. Disp. epist. ad D. Jo. Fecht de Infundibuli sui occasione et instituto, in qua adversus Dialogistam (Tenzelium) etiam asseritur Hydraspis. Simul fit praeparatio iudicii sanguinis, in quo disceptabitur, num Iudaei cum Christianorum sanquine faciant misteria. 4. ib. eod.
  46. 46. In laudem almae Venetae Reipublicae bona verba Fol. ib. eod.
  47. 47. Carmen ebraeum, Antoniae Princ. Würtemb. et Teccensi sacrum. Fol.
  48. 48. Disp. de iure Imperatoris circa conferendas dignitates. 4. Altd. 1694.
  49. 49. Theses miscellaneae confusaneaeque. ib. eod.
  50. 50. Disp. de literis moratoriis. ib. 1695.
  51. 51. Pera librorum juvenilium, qua ingenuos etiamque ad eruditionem et bonam mentem affectantes adolescentes donat. 8. Norimb. 1695. VI. Tomi.
  52. 52. Von des Grafen Ferd. Leop. von Hallweil Ertödtung in dem Wald bey Wien. 1696.
  53. 53. Disp. de imperiali banno. 1696.
  54. 54. De corpore vitiatis ordinandis vel non. 1697.
  55. 55. Commentatio de S. R. J. libera Civitate Norimbergensi. Accedit de Germaniae Phonascorum, von der Meistersinger origine, praestantia, utilitate, et institutis sermone vernaculo liber. 4. Altd. 1697.
  56. 56. Programma cupidae sacrorum canonum iuventuti dicatum. ib. eod.
  57. 57. Disp. de iure aggratiandi 1698.
  58. 58. De vectigalibus. 1699.
  59. 59. Belehrung der Jüdisch Teutschen Schreibart. Unter andern Bücher wird dargestellt das Talmudische Buch von dem Aufsatz. Zur Zugabe wird ein Bedenken beygefüget: ob die heil. Schrift einem Mann erlaube, zwo Schwestern nacheinander zu heurathen. 4. Altdorf 1699.
  60. 60. Disp. de anno jubilaeo secundum disciplinam Ebraeorum. 1700.
  61. 61. De eo, quod secundum legem divinam e terrae proventu pauperibus debetur. 1700.
  62. 62. De jure foederum. 1701.
  63. 63. De nobilitate. 1702.
  64. 64. De venatione et forestae iure. 1703.
  65. 65. Denunciatio christiana, oder christliche Ankündigung an alle hohe Regenten u. Obrigkeiten, welche Juden unter ihrer Botmäßigkeit haben, wegen der Lästerungen, womit die Juden unfern Heiland Jesum Christum sonder Aufhören freventlich schmähen. Fol. 1704 Steht auch in der Hoffnung der Erlösung Israel 1707.
  66. 66. Der Adriatische Löw d. i. kurze Anzeigung von des Durchlaucht. Venezianischen Adels gesammter Geschlechter Ursprung, Aufnahm, wie auch derer angebohrner Stammwappen. Mit Kupfern. Altdorf. 8. 1704. Neue Aufl. eb. 1738.
  67. 67. De nundinarum iure. 1704.
  68. 68. De Judaeis 1705.
  69. 69. Von Erziehung eines jungen Prinzen, der vor allen Studien einen Abscheu hat; daß er dennoch gelehrt und geschickt werde. 4. Leipz. 1705.
  70. 70. Mose Rabbi Stendels nach jüdisch teutscher Redeart vorlängst in Reimen gebrachte Psalmen Davids. 8. eb. 1705.
  71. 71. Benachrichtigung wegen einiger die Judenschaft angehenden wichtigen Sachen. eb. 1705. Steht auch in der Hoffnung der Erlösung Israels.
  72. 72. Hoffnung der Erlösung Israels. 4. Altd. 1707. Erschien nach seinem Tode, und enthält mehrere seiner kleinen Aufsätze u. Schriften, die Juden betreffend.
  73. 73. Epistolae tres ad Chr. Arnoldum; stehen in Arnoldi testimonio Flaviano.
  74. 74. Epistola ad Phil. Jac. Spenerum; steht in der Hamburgischen vermischten Bibliothek B. 3. S. 428.
  75. 75. Diss. de Joanna Papissa, hactenus inedita; steht in Spanhemii merkwürdiger Historie der Päbstin Johanna 1737. S. 435. und in Schellhornii amoenit. literar. B. I. S. 142--194.
  76. 76. Epistolae 32. ad Ant. Magliabecch; stehen in den Epist. claror. Germanorum ad A. Magliab. (Florentiae 1746) B. I. S. 295--366. u. B. II. S. 170.
  77. 77. Neue latein. Briefe von ihm an Nicol. Rittershausen; stehen in Strobels Miscell. Sammlung. 6.
  78. 78. Mehrere Briefe von ihm und an ihn; sind angeführt in Zeidleri vit. Profess. jur. cur. J. A. Colmar S. 156--159.
  79. 79. Er war Mitarbeiter an den Actis Eruditorum Lipsiensium.
  80. 80. Er hinterließ auch noch viele, theils ganz theils zum Theil vollendete, Manuscripte.
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