Matthias Ettenhuber (GND 119335786)

Aus Personenlexika
Wechseln zu: Navigation, Suche


Daten
Nachname Ettenhuber
Vorname Matthias
GND 119335786
( DNB )
Wirkungsgebiet Kunst


Matthias Ettenhuber in der BSB

ETTENHUBER (Matthias) Hofpoet zu München. Er wurde daselbst am 3. Februar 1722 gebohren, und studirte bey den Jesuiten am Gymnasium und Lyceum die niedern und höhern Klassen, und die Philosophie. Er zeichnete sich sehr frühe als Dichter, oder wenigstens als Versemacher aus, und erregte dadurch grosses Aufsehen. Die erstern Gedichte, die er lieferte, waren in lateinischer Sprache abgefaßt, und zeigten eine wirklich gute poetische Anlage, die aber nothwendig niedergedrückt und verdorben werden muste, als Ettenhuber anfieng, sich nach vollendeten Studien lediglich durch das Versemachen zu ernähren. Man verehrte ihn indessen eine Zeitlang mit allgemeiner Achtung; sein Nahme erscholl weit und breit; durchreisende Gelehrte besuchten ihn; die Kaiserin Maria Theresia beschenkte ihn mit einer goldenen Medaille, und der Kurfürst ertheilte ihm den Titel eines Baierischen Hofpoeten. Allein man gab ihm zu seinem grösten Nachtheil zu viel Lob, und zu wenig Brod. Aus der letztern Ursache lebte er kümmerlich, und muste oft mehrere Wochen lang wie ein Bettler darben, und das Lob gab ihm die falsche Ueberzeugung, daß seine Geistesprodukte gut seyen, und keiner Verbesserung und Feile mehr bedürfen. Er rückte daher nicht weiter, und gieng eher rückwärts als vorwärts. Alle seine Arbeiten blieben in poetischer Hinsicht, und nur zuweilen einzelne Gedanken, Ausdrücke und Wendungen ausgenohmen, immer gleich mittelmäßig, und viele waren sehr schlechtes Reimschmiedewerk. Da er in der Folge bessere Muster der teutschen Dichtkunst, als ihm die Jesuiten in den Schulen gaben, kennen lernte, war es schon zu spät; denn unauslöschliche Eindrücke seiner Jugend, Mangel an Aufmunterung, an Kraft und Heiterkeit des Geistes, drückende Armuth, und daraus entstandene Demüthigungen, Kleinmuth und Zaghaftigkeit, lähmten ihn ganz, und hinderten ihn, die Regionen des Parnassus zu besteigen. Man fand nun in seinen Schriften, die man anfangs so sehr bewundert hatte, keinen dichterischen Geist und Geschmack mehr; man vernachläßigte ihn nach und nach, und vergaß ihn endlich. Wegen einer im J. 1778 verfaßten Ode: Das sich beschwerende Baiern, muste er für eine kurze Zeit ins Gefängniß, und dieser Vorfall nahm ihm seinen letzten Rest von Muth und Heiterkeit. Er verschloß seinen Gram stillschweigend in sich, muste oft mehrere Tage lang blos von Wasser und Brod leben, und bettelte doch nicht. Seine Landsleute würden ihn hinreichend unterstützt haben, wenn ihnen seine grosse Armuth bekannt gewesen wäre. Er verfertigte 22 Jahre lang, so oft zu München ein Mißethäter hingerichtet wurde, welches damahlen noch häufig geschah, jedesmal zu dem gedruckten Todesurtheil einige Seiten Reime, unter der Aufschrift Moral. Meine Mutter besaß hiervon die, nun kaum mehr aufzufindende, Sammlung complett in 6 Quartbänden, so wie ich die, unten angezeigte Gedichte, das heißt Reime, Ettenhuber’s zusammenbrachte. Eine Probe Ettenhuberscher Poesie kömmt in Nicolai Reise B. VI. S. 763--765 vor. Er starb bey den barmherzigen Brüdern zu München am 24. August 1782 im 62ten Jahre seines Alters. Sein Porträt wurde von Jungwirth zu München in Quart in Kupfer gestochen. Schriften:

  1. 1. Die Nacht bey Tage, oder lehrreich und zugleich wehmüthigste Beurlaubung Ihro Römisch Kaiserlichen Majestät vewittibten Mariae Amaliae von unseren glorwürdigsten Landesregenten u. s. w. das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselnd. 8. München 1756.
  2. 2. Traurvolles Todtenlied über das Hinscheiden Ihro verwittibten Römisch Kaiserlichen Majestät Mariae Amaliae, Caroli VII. Gemahlin. ebend. 1756.
  3. 3. Poetisches Wochenblatt, worinne die Neuigkeiten des Kriegs-Finanz- und Polizeywesens in Reimen vorgetragen werden. Mit Kupfern. 4. München in dem Wasserburgerlädl. Ein und zwanzig Jahrgänge und ein halber. 1759--1779.
  4. 4. Suplik um 6 Klafter Flosholz für den anruckenden Herrn von Winterfeld, in Versen. 8. München 1765. Suplik um 6 Klafter Holz u. s. w. 1766. 1768. 1769. 1770. 1772. 1774. 1775 u. 1776.
  5. 5. Der Träumer ohne Traum, oder die Wahrheit ohne Schminke, dem Verfaßer des Baierischen Aesopus entgegengesetzt am Tage des erfreulichen Einzuges der Tölzer Garnison (das heißt, des Brennholzes von Tölz). 8. München. 1768.
  6. 6. Ode auf den Corsischen General Pasquale de Paoli. 8. eb. 1769.
  7. 7. Neueröfneter politischer Kriegsschauplatz in Versen (enthaltend den Geldkrieg, den Hauskrieg, den Mode- oder Kleiderkrieg, den Schwelgerey- und Gläserkrieg u. s. w.) 4. ebend. Mit Kupfern von Jungwirth.
  8. 8. Der grosmüthige und höchst erbauliche, den 6. August 1770 zum höchst empfindsamen Leidwesen des ganzen Vaterlandes erfolgte Hintritt des durchlaucht. Herzogs in Baiern Clemens Franciscus, erwogen bey dem dreytägigen Göttesdienst und aufgerichteten castro doloris. eb. 4. 1770.
  9. 9. Erneuertes Alterthum in Versen. 4. eb. (Mit den von Jungwirth gestochenen Porträts von Cyrus, Totila, Aristoteles, Cynikus, Archimedes, Machomet u. s. w.).
  10. 10. Der beste Fürst in seiner ganzen Würde, an dem höchst erfreulichen Geburtstag Sr. Kurfürstl. Durchlaucht Maximilian Josephs III. betrachtet. Fol. eb. 1773.
  11. 11. Lobgedicht in einem Märzenkeller. eb. 8. 1777.
  12. 12. Trauerode auf den schmerzlichen Hintritt Ihro Königlichen Hoheit der verwittibten Frau Marggräfin von Baaden Maria Anna Josepha Augusta, Kaisers Caroli VII. Tochter, die in München am 7. Mai im 42ten Jahre starb. Fol. eb. 1776.
  13. 13. Trauerode auf den allerschmerzlichsten Hintritt Sr. Kurfürstlichen Durchlaucht Maximilian des dritten. 8. ebend. 1777.
  14. 14. Das sich beschwerende Baiern in einer Ode. 8. (München) 1778.
  15. 15. Rom in München, oder die höchsterfreuliche Ankunft Sr. Päbstlichen Heiligkeit Pius VI. nach der Kurfürstl. Haupt u. Residenzstadt München, in tiefester Ehrfurcht geschildert den 26. April. Fol. München. 1782.
  16. 16. Viele einzeln gedrukte Lieder und Oden auf die Ankunft oder Abreise vornehmer Personen, auf Hochzeiten, Kindstaufen, Scheibenschießen, Feuerwerke und Illuminationen, Pferderennen, Kirchweihen, Priesterjubiläen, Klosterprofessionen, Nahmens und Geburtsfeste, Neujahrstage, und Todesfälle.
Vorheriger
Vorheriger
Eintrag
Seite 153 Seite 154 Seite 155 Nächster
Nächster
Eintrag