Christoph Gottlieb Richter (GND 116510145)

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Daten
Nachname Richter
Vorname Christoph Gottlieb
GND 116510145
( DNB )
Wirkungsgebiet Kunst


Christoph Gottlieb Richter in der BSB

RICHTER (Christoph Gottlieb) der Rechte Lizentiat zu Nürnberg. Dieser, seiner Talente und gelehrten Kenntnisse wegen alles Lobes, aber seines leichtsinnigen Charakters und mancher verübten sehr schlechten Streiche halber auch alles Tadels würdige, sehr sonderbare Mann, wurde am 17. September 1717 zu Nürnberg gebohren, wo sein Vater Johann Christoph Richter Kaufmann war. Er kam im J. 1735 an die Universität Altdorf, wo er Philosophie und Jurisprudenz studirte. Nachdem er wegen öffentlich übler Conduite sechs Wochen im Thurmgefängniß zu Nürnberg sitzen muste, gieng er gleich nach seiner Entlassung auf die Universität nach Marburg, wo er 3 Jahre einen äusserst lockern Lebenswandel führte, aber doch Philosophie und Mathematik bei Christian Wolf, und die Rechte bei Cramer, Waldschmidt u. a. mit dem besten Fortgange studirte. Im J. 1743 erhielt er zu Altdorf mit seiner Inaugural Disputation. De probabilitate in argumentis, quae profert denuncians, vite determinanda, die juristische Lizentiatenwürde, und ließ sich dann in seiner Vaterstadt Nürnberg häuslich nieder, wo er sich mit Anna Helena Künzlin, eines begüterten Handelsmannes Tochter, verehelichte. Obschon er als ein geschickter Jurist bereits bekannt war, wurde ihm doch die Aufnahme in das Collegium der Nürnbergischen Advokaten verweigert; er advocirte daher unter der Hand, und schrieb Allerlei, Zeitungen, Deduktionen, Juristisches, Historisches, Poetisches, Satyrisches, mitunter auch niederträchtige Pasquille. Er half auch dem Rath Groß an der von diesem gestifteten Erlangischen Realzeitung arbeiten, zerfiel aber mit ihm, worüber nach Beider Tod 1774 eine kleine Schrift: Gespräch im Reich der Todten zwischen dem verstorbenen Erlanger Zeitungsschreiber Groß und dem Lizentiat Richter, erschienen ist. Durch sein unwirthschaftliches Betragen, seinen Leichtsinn und Muthwillen zog er sich Schulden, viele gerichtliche Klagen, und mehrmalen Arrest zu. Unter andern schmiedete er bei einem Prozeß zwischen Kurmainz und Hessen-Cassel eine ganz falsche Urkunde, worüber er auf Requisition, und zur Genugthuung 1754 von Regensburg, wo er sich eben aufgehalten hatte, gefänglich nach Nürnberg in das Zuchthaus gebracht wurde, auch eine Zeitlang in demselben verharren muste, bis er endlich, auf eine, noch ziemlich gelinde, Art entlassen wurde. Er begab sich hierauf in den benachbarten Marktflecken Fürth, blieb dort zwölf Jahre, advocirte, und diente der Gemeinde gut in ihren Rechtsangelegenheiten. Um endlich doch näher bei Nürnberg zu seyn, wo er immer zu thun, und selbst für die geschicktesten Advokaten bei ihren überhäuften Geschäften zu arbeiten hatte, bezog er ein Gartenhaus vor der Stadt. Er starb am 23. September 1774. Seine brave Frau, deren Vermögen er bald durchgebracht, und die er sehr unglücklich gemacht hatte, starb einige Jahre vor ihm. Von seinen Söhnen ward einer ein rechtlicher Bürger und Uhrmacher, ein anderer, und seine Tochter fanden ihre Versorgung im Auslande. Richter war, was ich in den gedruckten und handschriftlichen Nachrichten von ihm bezeugt finde, ein philosophischer und witziger Kopf, ein guter Jurist, und geschickter Sachwalter, ein thätiger, arbeitsamer, und mit Leichtigkeit arbeitender Mann. Aber, nach einer vernachlässigten Erziehung, und bei einem Temperamente, dem kein männlicher und kein religiöser Sinn einen Damm setzte, verleiteten ihn Leichtsinn zu allerhand Ausschweifungen, Witz und Dichtergabe zur Satyre und zum Pasquill, Bedürfniß und Mangel zur Rabulisterey, und theils zu vielen sehr unfeinen Handlungen, theils zu manchen groben Betrügereien. Seine, Nr. 2 und 17 ausgenohmen, sämtlich anonym erschienene Schriften sind:

Vergl. Waldau Beiträge zur Geschichte der Stadt Nürnberg B. II. S. 137.--151. Will’s und Nopitsch Nürnberg. Gel. Lexikon B. VII. S. 251--258. Hirsching’s Handbuch fortges. von Ernesti B. IX. Abth. 2. S. 261--265. Meusel’s Lexikon verstorbn. Schriftst. B. XI. S. 280--284.

  1. 1. Ein Gedicht auf das Buchdrucker Jubelfest, zu Nürnberg gefeiert, Fol. 1740.
  2. 2. Der unsterbliche Ruhm Carl des sechsten, in einem Trauer und Heldengedicht besungen von der gebückten Noris. Fol. Nürnb. 1741.
  3. 3. Moralische Gedanken der Stillen im Lande. Erste Sammlung von 50 Stücken. Frankfurt u. Leipz. (Nürnb.) 4. 1743. Diese moralische Wochenschrift hat Richter im Nahmen erdichteter Gesellschafter allein geschrieben, u. derselben eine, in mathematischer Methode verfaßte, Einleitung in die Moral als Vorrede vorgesetzt. Es ist nicht mehr als diese erste Sammlung herausgekommen.
  4. 4. Die Bücher der Chronica von den Kriegen der Franzosen mit Theresia. 8. Prag 1744. Diese, u. die nächst folgenden erschienenen, zu ihrer Zeit sehr beliebten, Chroniken in jüdischer Schreibart werden ihm zugeschrieben.
  5. 5. Die Bücher der Chronik der Könige von Engelland. 8. 1744.
  6. 6. Chronica der Königin zu Ungarn, und von der Schlacht bei Dettingen. 8. Frankf. u. Leipz. 1744. Erschien auch in französischer u. in englischer Sprache.
  7. 7. Die Bücher der Chronica Herzogs Karl zu Lothringen. 8. Frankf. 1744. Neue Aufl. eb. 1745.
  8. 8. Die Bücher der Chronika Friedrichs Königs der Preussen. 8. 1744.
  9. 9. Das Buch Josua, des Erretters der Königin von Ungarn. 8. 1745.
  10. 10. Heldenlied über die Königin von Ungarn und ihre Gnade gegen die Juden. 1745.
  11. 11. Historia von der Herberge der Königin Theresia. 8. 1745. Ist ein Pasquill auf seine eigene Vaterstadt Nürnberg.
  12. 12. Chronica Johann Adolphs, obersten Feldhauptmanns des Königs Augusti III. in Pohlen. 1745.
  13. 13. Die Kunst, nach vielen erhaltenen Körben auf der Extrapost glücklich zu heurathen. 1745. Ist eine Chronique scandaleuse.
  14. 14. Die bemerkten Fälle der Zeit; eine Wochenschrift. 8. 1745. War eine politische Zeitung, welche Richter der Grossischen entgegen stellen wollte, aber nicht lange fortsetzen konnte.
  15. 15. Lebens und Staatsgeschichte der Maria Theresia, Königin von Ungarn und Böhmen. V. Theile. Nürnberg. 8. 1745--1747.
  16. 16. Die redenden Thiere über menschliche Fehler und Laster. Mit Kupfern. Nürnberg. 43 Stücke. 1745--1761. 8. Von diesem, im Verlage bei Pollmann erschienenen, einst sehr beliebten, nun seltenen, satyrischen Werke hat Richter mehrere Stücke theils ganz, theils zum Theil geschrieben.
  17. 17. Die redenden Blumen; eine Monathsschrift, welche das Merkwürdige der Blumen mit Moralien bezeichnet. 8. Nürnberg 1746. Vier Gespräche für die Monathe Sept. Okt. Novemb. und Dezember.
  18. 18. Indithuns Geschichte der Kinder von Preussen, und der Kinder von Sachsen. 1746.
  19. 19. Das Verhängniß der Meister in der Unordnung des menschlichen Lebens; oder Leben und Begebenheiten des Hn. C. G. R. Juris utriusque Lic. von ihm selbst in der Englischen Sprache beschrieben, wegen seiner besondern Schicksale aber, in die teutsche übersetzt. 8. Uffenheim. 1748. Ist nicht sowohl Selbstbiographie, als ein lustiger Roman. Bei manchen Exemplaren befindet sich ein beigeschriebener Clavis z. b. Nürnberg heißt London, Altdorf Cambridge u. s. w. Auch wurde dieses Buch nie in Englischer Sprache verfaßet.
  20. 20. Extraordinäre Entrevüe in dem Reich der Todten zwischen zweien Zeitungsschreibern, Hrn. Joh. Gottf. Groß, und Hrn. Jos. Ant. v. Bandel. 4. 1753. Wird ihm mehr als wahrscheinlich zugeschrieben.
  21. 21. Richtige Prüfung u. Beurtheilung der von P. Franz Neumayr S. J. gehaltenen vier Predigten wider die evangelisch Lutherische Glaubenslehre. 4. 1754.
  22. 22. Betrachtungen über die gröbere Scheidemünze. 4. 1755. Erschien später auch unter dem Titel: Gedanken vom Gelde 1763.
  23. 23. Schwachheiten des menschlichen Herzens bei den Anfällen der Liebe. 8. 1755. Auch unter dem Titel: Der erkannte Einsiedler, oder Leben eines Maltheserritters. 1765.
  24. 24. Das Buch Meyer, Hauptmann des Königs von Preussen, welches beschreibt den Zug zu den Franken gen Nürnberg. 8. Windsheim. 1757.
  25. 25. Obadja Assur, die Bücher der Chronica, von den Kriegen, welche die Brandenburger, die man sonst nennt die Preussen, geführt haben mit den Oesterreichern. Drei Bücher. Leiden. 4. 1757.
  26. 26. Gespräche im Reiche der Todten, als eine wahre Beschreibung der Ursachen des Krieges. Mit illum. Planen der Bataillen. Fünfzig Stücke. Nürnberg b. Raspe. 4. 1757--1763. Fünf Supplemente hierzu. 4. ebend. 1760--1764.
  27. 27. Europa, und besonders Teutschland, nach seiner jetzigen kriegerischen Verfassung, unter dem Bilde eines Dorfes. XVII. Stücke. Grossenhagen. 4. 1755.
  28. 28. Die Historie des Krieges zwischen den Preussen und ihren Bundesgenossen. Im Jahre der Christen. 1758. 8.
  29. 29. Historie des Kriegs zwischen Oesterreich und Preussen. Mit Kupfern. VI. Theile. Nürnberg b. Raspe. 8. 1758--1763.
  30. 30. Aaron Moses, die Bücher der Maccabäer, welche handeln von den Kriegen, so geführt hat Friedrich König von Preussen mit Theresia Königin der Bohemaken. VIII. Bücher. 1760--1762. 8.
  31. 31. Historischer Bildersaal. Zwölfter Theil. Nürnb. 8. 1761. Dreizehnter Theil. eb. 1762. Fünfzehnter Theil. eb. 1773.
  32. 32. Lux Rebbi Ascher; die Bücher Laudon, eines der obersten Feldhauptleute u. Ritters Marien Theresien Kaiserin Königin. 8. Brünn 1762.
  33. 33. Geschichte der neuen Thaten der Hehlichen Herzens bei den Anfällen der Liebe. 8. 1755. Auch unter dem Titel: Der erkannte Einsiedler, lden unter den Kindern der Franzosen, welche da waren Broglio, St. Germain u. Dumay. 8. 1762.
  34. 34. Sendschreiben an die witzige Tyrolerin. 8. (1765.) 1. Bog.
  35. 35. Rede zur Einsegnung u. Uebergabe an Gott, des neu gebauten Waisen- und Armen Schulhauses in dem Hofmarktflecken Fürth, abgehalten den 22. April 1767. 4.
  36. 36. Die Bücher Salomo aus Mitternacht, welche enthalten die Thaten Friedrichs des größten, von Ruben Barachia. 4. Amsterdam (Nürnberg.) 1770.
  37. 37. Sendschreiben an den Herausgeber der Fragmente einer alten Reisebeschreibung des Magisters Sincerus an seinen Freund in Schwaben Doktor Selentius. 8. 1773--1774. Es sind fünf Sendschreiben in 2 Abtheilungen.
  38. 38. Die schädlichen Vorurtheile. 8. Nürnberg. Eine Wochenschrift, von welcher 12 Stücke ausgegeben worden sind, das 13te aber confiscirt und verbothen ward.
  39. 39. Schul-Redeübung zum feierlichen Andenken des glücklich vollbrachten Baues, durch welchen das Armen- und Waisenschulhaus in dem Hofmarkt Fürth mit Thurm, Uhr u. Glocken geziert worden. 4. 1775.
  40. 40. Der Hofmeister nach der Mode; ein Lustspiel. 4. 1762. Eine Parodie auf das Lustspiel: Die Heurath nach der Mode. 1762.
  41. 41. Von der Nürnbergischen Reichs-Postzeitung hat er die Jahrgänge 1768 und 1769 geschrieben.
  42. 42. Einige Deduktionen in Prozeßsachen.
  43. 43. Mehrere, einzeln gedruckte, und nicht in den Buchhandel gekommene, Gedichte, und Satyren.
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