Joachim von Sandrart (GND 118794396)

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Daten
Nachname Sandrart
Vorname Joachim von
GND 118794396
( DNB )
Wirkungsgebiet Kunst


Joachim von Sandrart in der BSB

Sandrart (Joachim von), geb. den 12ten Mai 1606 zu Frankfurt am Main, und Schüler des Theodor de Bry und Mathäus Merian. Er lernte auch das Kupferstechen bei Egid Sadeler, der ihm aber rieth beim Pinsel zu bleiben, worauf er sich nach Utrecht begab, um bei Gerard Honthorst[1] Unterricht zu erhalten, der ihn mit sich nach England nahm. Hier malte er selbst für den König und begab sich sodann nach Italien, wo er zu Venedig nach Titians und Paul Veronesens Werken studirte, und sich einen so großen Ruf erwarb, daß er für den König von Spanien ein historisches Gemälde verfertigen mußte, welchen Auftrag auch Guido Reni, Quercino, Poussin, Lanfranco u. a. zu gleicher Zeit erhielten. Als er sich in Neapel, Bologna[2] und Rom sieben Jahre lang aufgehalten hatte, kehrte er nach Deutschland zurück, und ließ sich auf seinem durch den Tod seiner Gattin Johanna v. Milkau ihm erblich zugefallenen, damals Pfalz-Neuburgischen, Landgute Stockau (bei Reichertshofen im Altmühlkreise) nieder. Der Herzog von Pfalzneuburg ernannte ihn zu seinem Rath, und Sandrart malte vieles nach München, Freising, Landshut, Neuburg, Eichstädt etc. Durch die großen Summen Geldes, welche er sich hier erwarb, stellte er sein Landgut, das die Franzosen 1647 abgebrannt hatten, vortrefflicher als es ehemals war wieder her. In der Folge verkaufte er jedoch Stockau, und begab sich 1660 nach Augsburg, und endlich nach Nürnberg, wo er i. J. 1673 seine zweite Frau, Esther Barbara Blommarts, die Tochter eines nürnbergischen Rathes, heurathete, und auch dort 1688 starb.[3] Die Verdienste und Kunst dieses Mannes zu belohnen, war ein Wetteifer unter den Fürsten. Kr. Ferdinand III. schrieb ihm eigenhändig und berief ihn nach Wien, um dort die kaiserliche Familie zu malen. Er beschenkte ihn endlich für seine Kunstwerke, bestätigte seinen Adelsbrief und vermehrte sein Wappen mit einer königlichen Krone. Philipp Wilhelm, Churfürst von der Pfalz, ernannte ihn auch zu seinem Rath, der Doge von Venedig zum St. Markus-Ordens Ritter[4], und die Gesellschaft der Gemeinnützigen zu ihrem Mitgliede. Zu Amsterdam verfertigte er für den Churfürsten von Baiern, Ferdinand Maria, die Vorstellung der 12 Monate, des Tages und der Nacht, auch machte er sich durch seine Schriften und Kenntnisse in der Geschichte, Mythologie und den Alterthümern bekannt. Sein Werk: die deutsche Akademie der edlen Bau-Bildhauer- und Malerkunst (Nürnberg 1675) hat bei manchen Fehlern große Vorzüge. Man hat von ihm ferner: Joachim Sandrart Iconologia Deorum, des alten und neuen Roms großer Schauplatz, admiranda sculpturae, seu statuaria veteris etc. Sandrart sah die Natur in ihrer Größe, und wußte sie auf eine fleißige Art, ohne Aengstlichkeit nachzuahmen. Seine Färbung ist wahr und kräftig, seine Composition reich und natürlich, seine Zeichnung aber gewöhnlich schwerfällig und ohne Zierlichkeit, das seinen Figuren oft eine riesenmäßige Gestalt giebt. Sein Geschmack fällt in den Carravaggischen Styl[5], nach dem er sich bildete. Mannlich B. I. S. 357. Joach. v. Sandrarts Lebensbeschr. (Nürnberg 1675) Westenrieder S. 374. Descamps T. II. p. 101. Die Königl. b. Gallerien besitzen von ihm folgende Gemälde: a) der Tod Mariä; b) der an Pest Leidenden Wunder wirkende heil. Cajetan; c) eine sitzende Nonne; d) ein altes Weib mit einem brennenden Lichte in der Hand, den Monat Dezember vorstellend; e) ein Jäger, von der Jagd mit Beute beladen zurückkehrend, das Bild des Novembers; f) ein Trinker im Costüme des Pflegevaters und Gefährten des Weingottes, als ein Sinnbild des Oktobers; g) ein Weib, das verschiedene Gemüse und Früchte vor sich hat, stellt den Monat September vor; h) ein junges Weib mit einem Rechen in der Hand, als Bild des Monats Julius; i) ein Schäfer scheert ein Schaaf, und stellt den Junius vor; k) ein mit Blumen bekränztes Mädchen zeigt den Monat Mai an; l) ein Gärtner mit Frühlingsblumen in einem Korbe bildet den April; m) ein Fischer hat verschiedene Gattungen Fische vor sich liegen, und zeigt den Monat März an; n) der Jänner ist ein am Feuer sich erwärmender Greis. Alle diese Gemälde sind auf Leinwand gemalte halbe Figuren in Lebensgröße. o) Das Bildniß einer schwarz gekleideten Frau, auf Leinw.; p) ein fett genährter Koch hält lächelnd eine Feldhühnerpastete in der Hand, den Monat Hornung vorstellend; q) ein Schnitter mit der Sichel in der Hand in einem Waizenfelde, zeigt den Monat August an; r) eine schwarz gekleidete Dame. Mannlich B. II. Nro. 21. 250. 494. 748. 760. 767. 801. 812. 824. 826. 834. 835. 874. 936. 943. u. 1083. Waizenfeld Nro. 19. 20. 21. 28. 33. 40. 97. 164. 172. 231. 523. u. 805. etc. In den Kirchen des Königreichs Baiern sind besonders folgende Altarblätter von ihm zu sehen: München. a) in der Pfarrkirche zu U. L. Fr.: der englische Gruß, Johann der Täufer, und Cäcilia; b) in der Pfarrkirche zum heil. Peter: Joseph u. Joachim; c) in der ehemaligen Seminarkirche: Maria mit dem Jesuskinde; d) in der nunmehrigen Hofkirche zum heil. Kajetan: eben diesen Heiligen, wie er 1666 die Stadt Neapel durch seine Vorbitte von der Pest befreiet; e) in der Hauskapelle des Königl. b. geh. Staatsrathes Max Grafen von Preysing das Altarblatt: Christi Geburt. Westenrieder. S. 154. 161. 174. 190. Rittershausen. S. 88. 122. 127. 141. 150. 227. und 235. Bamberg. In der dortigen Domkirche: Johann der Täufer, 1652, und die heil. Kunigunde. Chr. Gottl. v. Murr Merkw. dieser Hauptstadt (Nürnb. 1799) S. 90. Sandrart. Th. I. S. 81. Salzburg. In der dortigen Domkirche die Altarblätter: die heil. Anna und Karl Borromäus. Hübner. B. I. S. 197. Eichstadt. In der Walburgens-Kirche das Choraltarblatt: die heil. Walburg vorstellend, wie sie nach der Apokalypse die himmlische Hochzeit mit dem göttlichen Lamme hält. Unten im Vorgrunde brachte Sandrart sein Porträt am äussersten Rande dieses Gemaldes an. A. Strauß Beschreib. der Stadt Eichstädt. In der kleinen Kirche zum heil. Sebastian in Landshut ist das Altarblatt, genannten Heiligen vorstellend, von diesem Künstler gemalt. F. S. Meidinger Beschr. der Stadt Landshut. (Landsh. 1785) S. 244. In der dortigen Hofkirche, ehemals Jesuitenkirche, zwei Altarblätter: die Apostel-Theilung und der heil. Sebastian. Zu Freising in der Domkirche: Joachim und Anna, dann in der ehemaligen Stiftskirche zum heil. Andreas das Choraltarblatt: diesen Heiligen vorstellend. Zu Regensburg in der Domkirche: die Uebergabe des Pontifikates (der Schlüsselgewalt) an Petrus, in der Kirche zum heil. Emeran das Choraltarblatt: diesen Heiligen vorstellend, 1666; dann das Seiten-Altarblatt: der englische Gruß. Zu Neuburg an d. D. in der untern Stadt-Pfarrkirche: die Krönung Mariens, und in der obern Pfarrkirche das Choraltarblatt: der heil. Peter, und ein Seitenaltarblatt: der heil. Sebastian etc. Zu Nürnberg hängt im Rathhause, und zwar im hintersten Zimmer der obern Gallerie, das Porträt der Königin Christina von Schweden, von seinem Pinsel; dann in dem dortigen Conferenz-Zimmer das große Friedensmal, welches Pfalzgraf Karl Gustav den 25sten Septb. 1649 gehalten und Sandrart 1650 gemalt hat. Dieses Gemälde enthält die Porträte von 50 Personen, welche an dieser Tafel gesessen hatten. Sandrart erhielt hierfür von dem Pfalzgrafen 2000 rheinische Gulden, und eine 200 Dukaten schwere goldene Kette. Der schwedische General Wrangel verehrte hierauf dieses Gemälde dem Magistrate von Nürnberg. Murr Merkw. S. 401. u. 403. Dieser Künstler hat wenige Blätter von seiner Erfindung und nach andern Meistern radirt. Wir nennen hier: a) Kleopatra, in dem Momente, wo sie eine Natter an ihre Brust hält; b) ein altes Weib, das einen Amor betrachtet; c) die Göttin Flora nach Titian.


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Fußnoten

  1. Geboren zu Utrecht 1592, war ein Schüler des Abraham Bloemärt. Er studirte zu Rom wo er für mehrere Kardinäle arbeitete. Hierauf begab er sich nach England und malte dort für den König. Zu Gent sieht man zwei Altarblätter von seinem Pinsel. Seine Manier ist schön, seine Zeichnung richtig, und sein Kolorit noch wärmer als das des M. A. Caravaggio. Unter seinen historischen Gemälden zeichnen sich besonders die Nachtstücke aus, daher er in Italien Gerardo delle Notti genannt wird. Descamps. T. I. p. 403. Mannlich. B. I. S. 217.
  2. Hier hatte die lombardische Schule, die man auch die bolognesische nennt, eigentlich ihren Sitz. Man kann behaupten, daß sie keiner Schule nachsteht, wenn sie nicht, die Kunst in ihrem ganzen Umfange genommen, dieselbe übertrifft. Die Cararrio, welche diese Schule gestiftet, wenn nicht gar Corregio ihr erster Meister ist, brachten alle Theile der Kunst auf die höchste Stufe. Nachdem sie mit ungemeinem Fleiße die Antiken studirt hatte, kam sie auf die Natur zurück, (wäre es nicht besser und zweckmäßiger, zuvor die Natur und dann erst Antiken zu studiren?) die sie mit den durch das Alterthum geschärften Augen betrachtete. In den Gemälden dieser Schule herrscht eine Arbeit, die sogleich rührt und täuschet. Aus der Schule des Hannibal und Ludwig Carraccio sind zwei große Maler, Domeniquino und Quido Reni entstanden. Sulzer am a. O. Fiorillo am a. O. Th. II. S. 441--705.
  3. Er liegt dort auf dem sogenannten kleinen oder Predigerkirchhofe begraben. Seine Grabschrift ist folgende: Hic situs est Dn. Joachimus de Sandrart in Stockau, Serenissimo Electori Palatino Rheni Philippo Wilhelmo a consiliis, et D. Marci Eques, Pictorum vbique facile Princeps, Italia, Anglia, Belgio peragratis, non absque Singulorum maximorum artificum Praeconio, lectissimarum feminarum maritus A. 1637 Dominae Johanuae de Milkau, quam A. 1672 tristissimus amisit; deinde A. 1673 Dominae Esther Barbarae Blomartae, quam nisi morte nunquam offendit sua. Natus Francof. de 12. Maij 1606. Mortuus Norimbergae die 14. Oct. 1688. Liberos nullos sed libros plures reliquit, cum et liberis et libris aeternitas propagetur. Vidua moestissima Viro optime merito St. M. F. F.
  4. Zur Zeit, wo in Rom die Malerkunst in Verfall gerieth, wo der verdorbene Geschmack an der Tagesordnung war, wo sich die Maler nur bemühten, mit flüchtiger Fertigkeit zu malen, nie mit der hierzu erforderlichen Ruhe arbeiteten, und das Studium ganz vernachlässigten, da war auch die Zeit, wo man der Kunst mit Ertheilung von Titeln und Orden an die Maler aufzuhelfen und sie empor zu bringen glaubte. Domenico Passignant, Günstling des Kardinals Arigone bekam die Kreuzigung des heil. Peters zu malen, und wurde auf Verwendung seines Gönners Ritter. Francesko Vanni, der den Kardinal Baronio zum Gönner hatte, malte den Sturz des Magikers Simon, und wurde zum Ritter ernannt. Baglioni, beschützt vom Kardinal S. Cecilia, malte die Erweckung der Wittwe Tabea durch den heil. Peter, und wurde zum Ritter gemacht. Eben so wurden Ottavio Lioni, Tomaso Salini, Ventura Salimbene, Domenico Fontana, Carlo Guidotti, Quercino, Maratta, Bernini u. a. zur ritterlichen Würde erhoben; aber durch diesen Zauber von Ordensdekorationen und Titeln kein Raphael, kein Michael Angelo, kein Corregio, Titian u. s. w. hervorgebracht. Man sollte zwar glauben -- sagt Fiorillo in seiner Gesch. der zeichnenden Künste, Th. I. S. 165. -- daß solche ehrenvolle Belohnungen Talente wecken sollten; allein Reichthümer und äußerliche Ehrenbezeigungen können nur für den Eigennutz und für einen gewöhnlichen Menschen ein Sporn seyn; nur jenem ist es möglich den höchsten Grad der Kunst zu erklimmen, der sie um ihrer selbst willen liebt und sie als Mittel zu einem fremden Zwecke braucht. Liebe und Freundschaft sind die mächtigsten Triebfedern der Thätigkeit für den edlen Mann. Ehre ist sein schönster Lohn, Verewigung sein Ziel. Die Freundschaft, welche Karl V.. für Titian und Leo X. für Raphael hegten, belohnten sie ihnen mit den ersten Meisterwerken ihrer Kunst. Diese göttliche Freundschaft rief auch die Kunstgemälde eines Corregio, Paul Veronese u. anderer hervor. Salvator Rosa sagt daher in Satira della pittura (Gött. 1785) p. 37.: Anco ai mei dì, certi pittor coglioni, che fanno i Raffaelli, e se l’allacciono, portan sul ferrajol’ cento crocioni. Almanach aus Rom S. 137.
  5. Merigi (Michael Angelo), genannt da Carravaggio, wurde 1569 geboren, lernte in vielen Schulen, hielt sich aber am Ende an die des Joseph Cesari. Anfangs war er unglücklich und gerieth in Armuth; da aber seine Gemälde dem Kardinal del Monte gefielen, und dieser ihm Gelegenheit verschaffte, seine Gemälde öffentlich zu zeigen, fieng sein Glück zu blühen an. Allein bald mußte er aus Rom nach Neapel entfliehen, weil er einen Todschlag verübte. Er begab sich nach Malta, wo ihn der Großmeister zum Ritter ernannte; indessen fieng er auch hier neue Unruhen an und kam ins Gefängniß, aus dem er sich durch Herablassung über hohe Mauern rettete, und über Sicilien nach Neapel floh, wo er in einem Kampfe von seinem Gegner im Gesichte verwundet wurde. Durch den Kardinal Gonzaga erhielt er hierauf vom Pabst Paul V. Begnadigung, wo er dann nach Rom reiste, auf dem Wege dahin aber aus Irrthum gefangen genommen wurde. Ob er gleich nach einigen Tagen freigelassen wurde, ärgerte er sich doch so sehr, daß er in eine hitzige Krankheit verfiel und im 40sten Jahre seines Alters 1609 starb. Carravaggio hatte seine eigene Manier; er verließ die anfangs angenommene liebliche Färbung des Giorgion, und nahm eine harte und kraftvolle an. Alles drückte er stark aus, und erhob seine Figuren durch starke und schwarze Schatten. In seinen Gemälden nimmt man plötzliche Gegensätze von Licht und Schatten, Uebertreibung der Natur, die lebhaft auf das Auge wirkt, gewahr. Aber diese Manier, die in Nachtstücken, Bildnissen und Figuren großen Effekt macht, scheint in seinen großen Compositionen unerträglich, indem er weder Perspektiv noch Abweichung des Lichts beobachtete. In seinen Köpfen vernachlässigte er das Edle und die schönen Charaktere; gemeiniglich malte er dieselben bleifärbig, mit stieren Augen und schwarzen Haaren. Ueberhaupt ahmte er in seinen Charakteren die Natur vollkommen, jedoch ohne Auswahl nach. Allgem. Künstler-Lexikon. (Zürich 1779) Mannlich. B. I. S. 284. J. D. Fiorillo am a. O. Th. II. S. 535-541.