Paul II. von Stetten (GND 118753665)

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Daten
Nachname von Stetten
Vorname Paul II.
GND 118753665
( DNB )
Wirkungsgebiet Wissenschaft, Kunst


Paul II. von Stetten in der BSB

von STETTEN (Paul II.) Königl. geheimer Rath zu Augsburg; daselbst am 24. August 1731 gebohren, wo Paul von Stetten Oberkirchenpflegs-Präsident, und Maria Cordula, gebohrne von Rad, seine Eltern waren. Das uralte adeliche Geschlecht derer von Stetten machte sich Jahrhunderte hindurch um Augsburgs Wohl höchst verdient, und immer standen an den ersten Posten der Reichsstädtischen Regierung würdige, thätige, und gelehrte Männer aus dieser Familie. Paul von Stetten wurde zuerst durch vorzüglich geschickte Privatlehrer unterrichtet, und studirte dann seit 1749 an den Universitäten zu Genf und Altdorf, worauf er Reisen machte, und 1754 in seine Vaterstadt Augsburg zurückkam. Es wurde ihm anfangs das evangelische Stadtarchiv anvertraut, und dann erhielt er die Mitaufsicht über das evangelische Gymnasium zu St. Anna. Im. J. 1755 hat er sich mit Euphrosina Magdalena von Stetten, der einzigen Tochter seines Oheims des Stadtpflegere David von Stetten verehelichet. Im J. 1770 ward Stetten Mitglied des innern Raths, und ausser der Mitadministration wurden ihm auch die Deputation zum Weberhause, und die Direktion des Zucht u. Arbeitshauses übertragen. Im J. 1775 erhielt er die zweyte Stelle des evangelischen Scholarchats. Im Jahre 1784 war er vorsitzender Oberrichter im Stadtgerichte, erster Scholarch, Deputirter zur Kunstakademie, und zum medizinischen Collegium. Im J. 1787 wurde er in das oberste Collegium des Reichsstädtischen Stadtmagistraths, nämlich in den geheimen Rath erwählet, und erhielt zugleich die Hospitalpflegersstelle. Im Jahre 1792 wurde er zum Stadtpfleger befördert. Auf dieser obersten Stelle der damahligen Reichsstädtischen Regierung erwarb er sich unter höchst kritischen, verwickelten, und gefährlichen Umständen das Vertrauen und den Dank aller Gutgesinnten. Da er am 13. Mai 1805 mit seiner Gattin das fünfzigjährige Ehejubiläum feyerte, gab es in Augsburg ein Fest allgemeiner und herzlicher Huldigung, die von allen Ständen dem Verdienste und der Tugend dargebracht wurden. Vom Kaiser von Oesterreich hatte er schon früher die Würde eines Kaiserlichen Rathes und Reichs-Landvoigts erhalten, und vom Könige von Baiern wurde er im Jahre 1806 zum geheimen Rathe ernannt. Stetten besaß sehr glückliche Geistesanlagen, die allen seinen schriftlichen Ausarbeitungen, bei seinen erworbenen vielen Kenntnissen, das Gepräge eines gründlichen, und da er frei von Leidenschaften und Vorurteilen war, ruhig besonnenen Verstandes aufdrückten. Ein leicht und andauernd behaltendes Gedächtniß, und eine, durch frühe und ununterbrochene Uebung zur Vollkommenheit gebildete, gute Fassungskraft, standen ihm bis in das hohe Alter zu Gebote. Seine Begriffe waren deutlich und bestimmt, sein Urtheil gewöhnlich sehr treffend, und sein schriftlicher Vortrag zeichnete sich stets durch Klarheit, Ordnung, und Angemessenheit aus. Er machte sich in Augsburg um das Gemeinde und Armenwesen, um die Verbesserung des Nahrungsstandes, der Finanzen, des Schulwesens, und um Beförderung der Wissenschaften und Künste höchst verdient. Im bürgerlichen und im häuslichen Leben konnte man an ihm keine andere, als die edelsten und liebenswürdigsten Eigenschaften entdecken, und seine Religiosität war aufgeklärt, auf Ueberzeugung im Christenthum gebauet, und sprach sich in seinem Lebenswandel aus. Streng in den Forderungen an sich selbst, richtete sich auch seine Werthschätzung Anderer nach dem Maaß der Pflichttreue, sie die in ihrem Berufe bewiesen; ein Freund der Ordnung in allen seinen Geschäften vermißte er sie auch da höchst ungerne, wo sonst rühmliche Eigenschaften vorhanden waren, und selbst über allen niedrigen Eigennutz durch seinen reinen Sinn erhaben, machte es ihm vorzügliches Vergnügen, wenn er Uneigennützigkeit von Andern rühmen konnte. Er lebte mit einem, seinem Stande angemessenen, Anstand, und sah es als Pflicht an, auch für Bequemlichkeit und Geschmack einen, nicht nur den verständigen Lebensgenuß, sondern auch die Nahrung seiner erwerbenden Mitbürger befördernden, Aufwand zu machen, blieb aber dabei immer in den Schranken des Bürgers, und fern von allem übertriebenen Luxus, und von aller Verschwendung. Er starb am 12. Februar 1808. Sein, von Schleich gestochenes, Bildniß befindet sich vor dem 75ten Band der allgem. teutschen Bibliothek. Schriften:

Vergl. L. F. Krauß Paul v. Stetten’s Leben u. Charakter. 8. Augsb. 1809. 119 S. Meusel’s gel. Teutschl. B. VII. S. 658. B. X. S. 711. B. XV. S. 546. u. B. XVI. S. 381. Augsburgs Dank, dargebracht einem ehrwürdigen Jubelgreise Hn. Paul v. Stetten (von Rektor Beyschlag). 4. Augsb. 1805. Hörner’s Lexikon Schwäbischer Schriftst. S. 218. Gradmann’s gel. Schwaben S. 653. Hirsching’s Handbuch fortges. von Ernesti B. XIII. Abth. 1. S. 313--321. Zapf’s Augsburg. Bibl. B. I. u. II. Baur’s Handwörterbuch merkw. im I. Jahrzehend des 19. Jahrh. gest. Personen B. II. S. 545--548. Bougine Handbuch B. IV. S. 747.

  1. 1. Geschichte der adelichen Geschlechter der freien Reichsstadt Augsburg, sowohl in Ansehung ihres besondern Standes, als auch in Ansehung einer jeden und einzelnen Familie beschrieben, und aus bewährten Geschichtschreibern und Urkunden gezogen. Mit 228 in Kupfer gestochenen Wappen u. Siegeln. 4. Augsb. b. Haid u. Lotter 1762.
  2. 2. Erläuterungen der in Kupfer gestochenen Vorstellungen aus der Geschichte der Reichsstadt Augsburg; in historischen Briefen an ein Frauenzimmer. Augsb. b. Stage. 4. 1765 u. 1767.
  3. 3. Selinde, eine Rittergeschichte, in drey Büchern. (Geschichte der Elisabeth Rehlinger). Mit Kupfern. ebend. 4. 1764.
  4. 4. Siegfried und Agnes; eine Rittergeschichte. 4. eb. 1767.
  5. 5. Nachrichten von den noch jetzt lebenden Künstlern in Augsburg. 4. ebend. 1768.
  6. 6. Ordnung der Gesetze für die Schuljugend des evangelischen Gymnasiums in Augsburg. 4.
  7. 7. Merkwürdigkeiten der Stadt Augsburg. 8. Augsb. 1772.
  8. 8. Briefe eines Frauenzimmers aus dem fünfzehnten Jahrhundert, nach alten Urschriften. 8. Augsb. b. Stage 1777. 2te Auflage, mit 13 Kupfern. eb. 12. 1783. Neue Auflage. eb. 1793. Wurden in das Französische übersetzt: Lettres d’une femme etc. Amsterdam et Paris 1788.
  9. 9. Lebensbeschreibungen zur Erweckung und Unterhaltung bürgerlicher Tugend. Erste Sammlung. Augsb. b. Stage. 8. 1778. 2te Sammlung. eb. 1782.
  10. 10. Der Mensch in seinen verschiedenen Lagen und Ständen. Mit 50 Kupfern. eb. 8. 1779. [1]
  11. 11. Kunst- Gewerb- und Handwerksgeschichte der Reichsstadt Augsburg. 8. ebend. 1779. 2ter Theil, oder Nachtrag. eb. 1788. [2]
  12. 12. Beschreibung der Reichsstadt Augsburg, nach ihrer Lage, jetzigen Verfassung, Handlung, und den zu solcher gehörenden Gewerben, auch ihren andern Merkwürdigkeiten, nebst beigefügtem Grundriß. Augsb. b. Stage. 8. 1788. 205 S. [3]
  13. 13. Lebensgeschichte Jakob Bruckers; in Hausleuthners Schwäbischen Archiv B. I. S. 281--305.
  14. 14. Lebensgeschichte Johann Jak. Brechters; ebend. B. I. S. 425--440.
  15. 15. Nachricht von Johann Matthias Haas; ebend. B. II. S. 145--155.
  16. 16. Nachricht von den Ehrenbezeugungen der Engländer gegen einen Teutschen, der Musikdirektor Graf in Augsburg; in Meusel’s Museum für Künstler 1790. St. 11. S. 466-468.
  17. 17. Historische Abhandlung von dem Münzwesen der Reichsstadt Augsburg; in Meusel’s Beyträgen zur Erweiterung der Geschichtskunde Th. 1. S. 1--53.
  18. 18. Unter seinen ungedruckt gebliebenen Manuscripten sind: Sammlung von Geschlechtsregistern der Augsburgischen Patritiate, und verschiedener anderer Familien. Collectaneen zur Geschichte des Konsulenten-Collegiums in Augsburg. Verzeichnis der Gold- Silber- u. Schäumünzen; welche in der Reichsstadt Augsburg geschlagen u. geprägt worden. Chronologisches Register über Johann Elias Leopold Herwarts Sammlung der wichtigsten Urkunden die Stadt Augsburg betreffend.
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Fußnoten

  1. s. Gött. gel. Z. 1780. S. 142.
  2. s. Gött. gel. Z. 1779. S. 547. u. 1788. II. S. 1217. Obert. Lit. Zeit. 1788. II. S. 3042. Neue Bibl. d. schönen Wiss. B. 37. I. S. 311.
  3. s. Jen. Lit Z. 1788. II. S. 364. Allg. t. Bibl. B. 98. II. S. 478. Neue Bibl. d. schön. Wiss. B. 36. I. S. 132.