Johann Nepomuk Mederer (GND 104361980)

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Daten
Nachname Mederer
Vorname Johann Nepomuk
GND 104361980
( DNB )
Wirkungsgebiet Wissenschaft


Johann Nepomuk Mederer in der BSB

MEDERER (Johann Nepomuk) Professor und Stadtpfarrer zu Ingolstadt. Dieser merkwürdige und Verdienstvolle Baierische Gelehrte ward am 2. Junius 1734 in dem Oberpfälzischen Dorfe Stöcklberg, wo sein Vater ein unbemittelter Bauer war, gebohren. Er besuche bis zu seinem eilften Knabenjahre die, eine halbe Stunde vom Geburtsort entfernte Dorfschule zu Gnadenberg, wo er, die Sonntage ausgenohmen, da das zweymalige Hin und Herlaufen im Tage nicht gestattet war, vom Morgen bis Abend bleiben muste, und täglich nur ein Stück Brod und Wasser zum Mittagmahl hatte. Ein Pfarrkaplan Johann Baptist Gerner bemerkte Mederer’s besondere Fähigkeiten, und, nachdem er seinen Vater beredet hatte, ihm den Knaben zu überlassen, unterrichtete er denselben in der lateinischen Sprache so weit, daß er im J. 1745 nach Amberg an das Gymnasium geschickt werden konnte. Er studirte hier sieben Jahre lang die Humaniora, und die Philosophie, und trat als ein Jüngling von 19 Jahren am 14. September 1753 zu Landsberg am Lech in das Novitziat der Jesuiten. Nach den 2 ersten Ordens Probejahren wurde er Magister, oder Lehrer der Gymnasialklassen, zuerst zu Ingolstadt für 2 dann zu Landshut für 2 Jahre. Hierauf sendeten ihn seine Obern nach Ingolstadt, um Theologie und Kirchenrecht zu studieren, wobey er die Aufsicht über den Orbanischen Saal, und über die Bibliothek des Jesuiten Collegiums erhielt, sich vorzüglich auf die Geschichte verlegte, und auch bereits 1761 an die Akademie der Wissenschaften zu München die Beantwortung einer historischen Preisfrage, den Herzog Luitbold betreffend, übergab. Im J. 1763 wurde er zum Priester ordinirt, und muste sich hierauf vermög der Einrichtung des Ordens, zum Tertiat, oder dritten Probejahr nach Altenötting begeben, nach demselben aber 1764 am Gymnasium zu Kaufbeuern die 3te und 4te grammatikalische Klasse lehren, 1765 zu Ingolstadt die Stellen eines Subministers Seminarinspektors und Predigers übernehmen, 1766 am Lyceum zu Straubing die Logik, und 1767 zu Amberg die Physik dociren. Im Herbste 1768 wurde er an der Universität Ingolstadt Doktor der Philosophie und Professor der Geschichte. Im Jahr 1773 schickte er an die Akademie der Wissenschaften zu München eine Abhandlung Ueber die älteste Geschichte der Stadt Eger, und erhielt das Diplom eines Mitgliedes der historischen Klasse. Nachdem durch die päbstliche Bulle vom 21. Jul. 1773 der Jesuitenorden aufgehoben worden war, erhielt Mederer im Oktober desselben Jahres das Doktorat der Theologie, und die Universitäts Professur der Kirchengeschichte. Er hatte vom akademischen Senat den Auftrag erhalten, die Annalen der Ingolstädter Akademie, nach Valentin Rotmar, bis zum Jahr 1772 fortzusetzen, muste aber bis zur Vollendung derselben viele Chikanen und Verdrüßlichkeiten erfahren. Im J. 1774 nahm man ihm unvermuthet seinen Lehrstuhl, und er sollte als Professor der Theologie an das Lyceum nach Amberg wandern, kam aber dafür im November desselben Jahres an jenes nach München als Professor des Kirchenrechts und der Kirchengeschichte. Hier konnte er aus damahligen Mangel der erforderlichen Quellen seine Ingolstadter Annalen nicht bearbeiten, und wurde daher auf sein dringendes Verlangen im Herbste 1775 nach Ingolstadt zurückversetzt, wo er im J. 1776 wieder bey der Universitäts Bibliothek, 1777 als Seminars Inspektor und 1780 als ordentlicher Professor der Vaterlandsgeschichte, Diplomatik, und Numismatik angestellt wurde. Mederer’s Freude über den ihm wieder angewiesenen Wirkungskreis an der Universität ward bald abermals gestört. Im J. 1781 wurden dem Malteserorden in Baiern zum Stiftungsfond die sämmtlichen ehemaligen Jesuitengüter verliehen, und zugleich den Klosterprälaturen die sämmtlichen Studienanstalten so wie die Bezahlung der Professoren übertragen. Die bisherigen Lehrer geistlichen Standes, sowohl Exjesuiten als Weltpriester, worunter viele rühmlich bekannte und Verdienstvolle Gelehrte waren, wurden theils in Pensionsstand, theils auf Pfarreien gesetzt. Mederer erhielt die Jesuitenpension von jährlich 240 Gulden, und muste nun mit täglich vierzig Kreutzer Einnahme sein Leben fristen. Im J. 1782 trug man ihm die Stelle eines öffentl. Lehrers der Geschichte an der Universität zu Heidelberg an, die er aber ablehnte. Endlich nahm man sich, wie Hr. von Westenrieder sagt, doch den Muth, den Grundsatz aufzustellen, daß man, indem man die Lehrämter an die Religiosen überließ, nicht die Meynung haben konnte, ihnen dieselben mit einer dergestalt unumschränkten Ausdehnung zu überlassen, daß dem Landesherrn alle Befugniß benohmen seyn könnte, aus eigener Bewegung einzelne Lehrer, die keine Religiosen wären, zu ernennen. Demzufolge wurde Mederer, ungeachtet aller Reaktion die dagegen entstand, im J. 1784 durch ein Kurfürstl. Kabinetsdekret wieder zum ordentl. Universitätslehrer der vaterländischen Geschichte, und historischen Hilfswissenschaften, dann im folgenden Jahre auch zum Lehrer der Weltgeschichte ernannt, und ihm bald hernach zu seiner Jesuitenpension ein Gehalt von 500 Gulden ertheilt. Im J. 1788 erhielt er die Stadtpfarrei zu St. Moriz in Ingolstadt, und konnte sich, bey seiner Anhänglichkeit an seine Pfarrgemeinde, und überhaupt an den Ort, im J. 1800 bey Versetzung der Universität nach Landshut nicht entschließen, derselben dahin zu folgen, sondern blieb in Ingolstadt als Stadtpfarrer, und stand diesem Posten bis an sein Ende mit Eifer und Segen vor. Unter dem vielen Guten, das er noch vor seinem Tode veranstaltete, war ein Geschenk von 500 Gulden an den Armen- und von 1500 Gulden an den Lokal Schulfond. Eine Art von Lähmung, welche sich zuerst an einer Hand dann an einem Fuß äußerte, und eine Entzündung nach sich zog, nahm ihn weg. Er starb am 13. Mai 1808 in einem Alter von 74 Jahren, mit dem gesetzten Muth eines Weisen, und mit der freudigen Erwartung eines Christen. Alle, die ihn kannten, rühmen seinen Geradsinn, seine Biederkeit und Verträglichkeit. Seine äußere Gestalt war ansehnlich und empfehlend. Sein gut getroffenes Bildniß, nach Hauber’s Gemälde von C. Langlois in Kupfer gestochen, befindet sich vor Band IX von Westenrieder’s Beyträgen. Seine Schriften:

Vergl. Meusel’s gel. Teutschland 5. A. B. V. S. 106. und B. XIV. S. 520. Ignatz Hübner dem Verdienste Joh. Nep. Mederer’s. 4. Ingolst. 1808. 2 Bog. Westenrieder’s Geschichte der Baier. Akademie der Wissensch. B. I. u. II. Westenrieder’s Beyträge zur vaterl. Historie B. IX. oder der Neuen Beyträge B. I. S. 1--115. Rotermunds Lexikon B. IV. S. 1150. Biograph der 3 letzten Jahrhunderte. Halle 1810. B. VIII. St. 2. S. 240. Baur’s Handwörterbuch merkw. im I. Jahrzehend des 19. Jahrh. gest. Personen. B. II. S. 34. Eckard’s literar. Handbuch B. I. S. 93.

  1. 1. Idea systematis historiae germanicae. 4. Ingolstadii ap. Cräz 1769. 40. S. [1]
  2. 2. Dissertatio historica de Garibaldo duce bavarico ex Agilolfingis primo 4. ibid. 1772. [2]
  3. 3. Beyträge zur Geschichte von Baiern. Erstes Stück: Die Agilolfinger in Baiern, ein ursprünglich Königlich Fränkisches Geschlecht. 8. Regensburg b. Montag 1777. Zweites Stück: Garibald der erste, Herzog der Bajoarien. 1777. Drittes Stück: Die Geschichte der Theodonen in Baiern 1778. Viertes Stück: Die Agilolfinger 1780. Zusammen 332 S. [3]
  4. 4. Leges Bajuvariorum, oder ältestes Gesetzbuch der Bajuvavier, nach einer uralten Handschrift der Kurfürstl. Universitäts Bibliothek zu Ingolstadt ins Teutsche übersetzt, mit Anmerkungen erläutert, mit fünf andern Codd. manuscr. verglichen, mit einer historischen Einleitung begleitet, und samt einem Schriftmuster des Ingolst. Cod. an das Licht gegeben. Auch unter dem Titel: Beyträge zur Geschichte von Baiern. Fünftes Stück. Ingolst. b. Krüll. 1793. 295 S. Mit einem doppelten Register. [4]
  5. 5. Prolusio academica de veteri aureato, qua ad collegia historiae patriae, diplomaticae, et numismaticae invitat. 8. Ingolst. 1780. [5]
  6. 6. Annales Ingolstadiensis Academiae. Pars prima, ab anno 1472 ad annum 1572. Inchoarunt Valentinus Rotmarus et Joannes Engerdus. Emendavit, auxit, continuavit, et codicem diplomaticum adiecit Jo. Nep. Mederer. 4. Ingolstadii in bibliopolio elector. acad. apud. Joann. Wilhelm Krall ex typographia Luzenbergeriana 1782. 330. S. Pars II. ab anno 1572 ad annum 1672. ibid. eod. 390. S. Pars III. ab anno 1672 ad annum 1772. ib. eod. 318. S. und Index. 101/4 Bogen Jeder der 3 Bände mit 1 Kupfer. Pars IV. seu codex diplomaticus. ib. 1782. 412. S. et Index 6 S. [6]
  7. 7. Plan der öffentlichen Vorlesungen über die historischen Hilfswissenschaften und vaterländische Geschichte, samt genealogischen Tabellen.
  8. 8. Ingolstadt 1784. 38 S. [7]
  9. 8. De villa Ingoldestat, schedion historicum. 8. ibid. 1791. 36 S. [8]
  10. 9.* Geschichte des uralten Königlichen Meyerhofes Ingoldestadt, itzt der Königlich Baierischen Hauptstadt Ingolstadt, von ihrem ersten Ursprung erweislich vom Jahre 806 an, bis zur Widerherstellung des Königreichs in Baiern im Jahr 1806; nach den Zeiten geordnet, und aus ächten Quellen zusammengetragen von einem alten Mitbürger. 8. Ingolstadt b. Attenkofer. 1807. 21 Bog. Die Herausgabe wurde von Ignatz Hübner veranstaltet. [9]
  11. 10. Unter seinen zurückgelassenen Manuscripten befanden sich: Schema consanquinitatis boicae domus cum domo habsburgica 1765, mit einem Verzeichniß auctorum coaev. quibus quatuor Sereniss. familiarum genealogica habsburgica comprobatur. Comes palatii, Dissertatio historico-politico-critica 1764. Genuina series genealogica Bojoariae ducum ac principum 1766. Geschichte der uralten St. Moriz Pfarrei in Ingolstadt, in chronologische Absätze eingetheilt, mit Verzeichniß sämtl. Pfarrer. De Ortenburgicis comitibus, quorum aliqui comites palatini Bavariae. Systema historiae ecclesiasticae.
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Fußnoten

  1. s. Journal encyclop. de Bouillon 1770. B. 5. S. 145. Erlang. gel. Z. 1770. S. 300. Jen. gel. Z. 1770. St. 29.
  2. s. Regensb. gel. Z. 1772. St. 38.
  3. s. Meusels neust. Lit. d. Geschichtk. Th. 2. S. 127. Allg. t. Bibl. B. 43. II. S. 530 und Anh. z. B. 25--36. VI. S. 3229. Münchner Intell. Bl. 1778. S. 339. Nürnb. gel. Z. 1778. S. 53 u. 1780. S. 661. Neue Lit. d. kath. Teutschl. B. 3. S. 362. Annalen der bair. Lit. B. 1. S. 102 u. 236.
  4. s. Münchner Intell. Bl. 1793. S. 274. Schranks lit. Ephem. 1799. St. 1. S. 51. Christ. B. v. Aretin’s lit. Handbuch Th. 1. S. 98.
  5. s. Nürnb. gel. Z. 1781. S. 291. Annalen der baier. Lit. B. 1. S. 238.
  6. s. Allg. t. Bibl. B. 56. I. S. 248. Hirschings Beschreib. von Biblioth. B. I. S. 164. Nürnb. gel. Z. 1781. S. 729. 1782. S. 730 u. 1783. S. 129. Annalen der baier. Lit. B. III. S. 1. Neue Lit. d. kath. Teutschl. B. 3. S. 364. Nov. Bibl. eccl. Friburg. B. 7. fasc. 2. S. 332.
  7. s. Neue Lit. d. kath. Teutschl. B. 3. S. 361. Nürnb. gel. Z. 1783. S. 80.
  8. s. Obert. Lit. Z. 1794. II. S. 251.
  9. s. Obert. Lit. Z. 1807. II. S. 529.