Karl Kaspar von Siebold (GND 119006855)

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Daten
Nachname von Siebold
Vorname Karl Kaspar
GND 119006855
( DNB )
Wirkungsgebiet Wissenschaft, Religion

von SIEBOLD (Karl Kaspar) Professor zu Würzburg. Er wurde am 4. November 1736 zu Nidecken einer kleinen, ehemals zum Herzogthume Jülich, nachher zum französischen Ruhrdepartement gehörigen, Stadt gebohren, wo sein Vater Johann Christoph Siebold Wundarzt war. Im J. 1752 gieng er nach Cölln, studirte daselbst Philosophie, und erhielt das Doktorat derselben. Im J. 1755 kam er wieder nach Hause, genoß 2 Jahre den Unterricht seines Vaters in der Chirurgie, und begab sich im September 1757 zur französischen Armee, wo er, nach bestandener Prüfung, Chirurg an einem Militärhospital ward, drey Jahre mit den Feldspitälern zog, und sich, unter Leitung geschickter französischer Aerzte, mit Eifer und Glück in der Chirurgie übte. Zufällig kam er am 15. Jäner 1760 mit dem französischen obersten Wundarzt Lagenie nach Würzburg, und ward an das daselbst stationirte Feldspital der Sachsen commandirt. Siebold machte Bekanntschaft mit Stang Oberwundarzt des Juliusspitals, erhielt dessen ganzes Vertrauen, verließ die französischen Dienste, und wurde Stang’s erster Gehilfe am Juliusspital. Zugleich hörte er an der Universität Philosophie, Physik, und sämmtliche Theile der Arzneywissenschaft, worauf er, nach dem Willen des Fürstbischofs Adam Friedrich und auf dessen Kosten, zur weiteren Ausbildung Reisen unternahm. Im August 1763 gieng er nach Paris, wo er anderthalb Jahre lang den Physiker Nollet über theoretische und experimentelle Physik, bey De la Faye die chirurgischen Operationen, und bey Anton Petit Anatomie, Chirurgie, und Geburtshilfe hörte, und in den grossen Spitälern täglich praktische Uebungen hatte. Er reisete hierauf nach London, wo er den Umgang und Unterricht des grossen Anatomen Wilhelm Hunter, und der geschicktesten Aerzte und Wundarzte benützte. Von England begab er sich nach Holland, wo er noch einige Monathe in Leyden die Vorlesungen des Bernhard Sigfried Albin über Anatomie und Physiologie, und des Gaudius über Chemie und Pathologie hörte. Am 4. März 1766 kam Siebold in Würzburg zurück an, und ward vom Fürstbischof zum Leibchirurg ernannt. Am 15. Junius 1766 verehelichte er sich mit Anna Margaretha Veronika des Oberwundarztes Stang Tochter. Unterm 21. August 1769 wurde er Doktor der Arzneywissenschaft, und dann Professor der Anatomie, Chirurgie, und Geburtshilfe an der Universität. Auch erhielt er die Stelle seines Schwiegervaters als Oberwundarzt im Iuliusspital, an welchem er sich vorzüglich das clinische Lehramt angelegen seyn ließ. Im Jahre 1777 ernannte der Fürstbischof seinen bereits im In- und Auslande sehr berühmt gewordenen Siebold zum Hofrath und Leibarzt. Seine allgemein anerkannte Geschicklichkeit, besonders aber sein unermüdetes, menschenfreundliches, und uneigennütziges Benehmen, welches er im Kriege für die verwundeten österreichischen Krieger bey allen Gelegenheiten bewiesen hatte, bewogen den Kaiser von Oesterreich, ihn unterm 1. Oktober 1801 in den Reichsadelstand zu erheben. Am 12. November 1793 war seine geliebte Gattin gestorben, und am 15. April 1800 trat er in seine zweyte Ehe mit des Hofkammerathes Bauer, einer gebohrnen Leo, hinterlassenen Wittwe. Seine vier Söhne erster Ehe widmeten sich dem Studium der Arzneywissenschaft, und wurden auch berühmte Gelehrte. Im Herbste 1802 wurde Siebold fürstbischoflicher geheimer Rath, und am 4. Oktober 1803, da das Fürstenthum an Baiern fiel, erster Medizinalrath. Nach einer vorangegangenen völligen Entkräftung starb er am 3. April 1807 im zwey und siebenzigsten Jahre seines Alters. Siebold war eine Zierde der Würzburgischen Universität. Mit vielen trefflichen Talenten und Gemüthsanlagen verband er einen gut proportionirten und grossen Körperbau, und galt in seinen jüngern Jahren für einen der schönsten Männer; besonbers da er seine körperlichen Vorzüge durch einen immer eleganten Anzug noch empfehlender zu machen wußte. Seine Stimme war stark und eindringend, und in einer sehr zahlreichen Versammlung konnte auch der Entfernteste jedes seiner Worte ohne Mühe verstehen. In seinen Reden, wie in seinen Haudlungen, war er ungemein lebhaft. Sein Charakter war gutartig, aber nicht fest genug. Ehrgeitz war eine der Haupttriebfedern seiner ganz unaufhaltsamen Thätigkeit. Er half so bereitwillig und uneigennützig dem Aermsten in der Hütte, als er bey dem Reichen seine Mühe wohl belohnt zu machen wußte. Für die Gründung neuer Theorien hatte Siebold weder Neigung noch Sinn; wohl aber ließ er sich ernstlich angelegen seyn, die Arzneykunde wissenschaftlich zu betreiben. Ein grosser Beobachtungsgeist, und ein feiner Scharfsinn, mit gründlichen Vorkenntnissen, vorzüglich in der Anatomie und Physiologie, gaben seiner praktischen Ausübung der Chirurgie die vortheilhafteste Richtung. Als Arzt war er ein Gegner des Brownianischen Systems. Er wurde im J. 1771 von der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher, 1776 von der Kurmainzischen Akademie der Wissenschaften in Erfurt, 1781 von der Königl. Akademie der Chirurgie in Paris, 1793 von der correspondirenden Gesellschaft der Schweitzerischen Aerzte und Wundärzte, 1797 von der Sydenhamischen Gesellschaft in Halle, 1803 von der medizinisch-praktischen Gesellschaft zu Montpellier, und 1806 von der K. K. medizinisch chirurgischen Josephinischen Akademie in Wien unter die Mitglieder aufgenohmen. Sein sehr wohl getroffenes Bildniß wurde von Hessel gezeichnet, und von Haid gestochen, mit der Aufschrift: Chirurgus inter Germanos princeps. Auch wurde sein Bild von C. W. Bock gestochen. Dasselbe befindet sich auch vor Band 68 der Neuen allgem. teutschen Bibliothek, von Laurens gestochen. Schriften:

1. Collectio observationum medico-chirurgicarum. Fascic. I. Bamberg ap. Göbhard. 4. 1769.
2. Diss. Historia morbi intestini recti. 4. Herbipoli. 1772.
3. D. de insolito maxillae superioris tumore aliisque eiusdem morbis. 4. ibid. 1776.
4. Historia Lithotomiae in codem homine bis factae, cum eius restitutione. 4. ibid 1778.
5. Comparatio inter sectionem caesaream et dissectionem cartilaginis et ligamentorum pubis, in partu ob pelvis angustiam impossibili suscipiendus. (defend. J. P. Weidmann.) 4. ib. Mit 2 Kupf. 1779. 72 S.

s. Literatur d. kath. Teutschl. B. 3. St. 3. S. 327.

6. De amputatione femoris, cum relictis duobus carnis segmentis. ib. 1782.
7. Diss. inaug. de Vesicae urinariae calculo. (defend. J. J. Hartenkeil.) 4. Mit 4 Kupfern. Würzb. 1785. 150 S.

s. Leipz. gel. Z. 1785. IV. S. 2349. Gött. gel. Z. 1785. II. S. 1031. u. III. S. 1953. Blumenbachs Bibl. II. St. 1. S. 72. Allg. t. Bibl. B. 69. I. S. 84.

8. Rede von den Vortheilen, welche der Staat durch öffentliche anatomische Lehranstalten gewinnt, bey der feierlichen Einweihung des neuen anatomischen Theaters zu Würzburg gehalten. Mit 3 Kupf. Nürnberg b. Grattenauer 1786. 24 S.

s. Nürnb. gel. Z. 1788. S. 557. Allg. t. Bibl. B. 88. IV. S. 391.

9. Historia tumoris et haemorrhagiae alveolaris chronicae, feliciter sanatae cum epicrisi. 4. Würzb. 1788. 12 S.

s. Gött. gel. Z. 1788. III. S. 1553.

10. Diss. (respond. Fr. Wiedemann.) Observationes circa tetanum eiusque species praecipuas, unacum adiectis quibusdam animadversionibus. 8. ib. 1792.

s. Hartenkeil’s Z. 1794. IV. S. 125. Baldinger’s Journal VIII. St. 30.

11. Chirurgisches Tagebuch. Mit 6. Kupfern. Nürnb. b. Grattenauer. 8. 1792. 37 u. 192 S.

s. Jen. Lit. Z. 1794. I. S. 26. Erfurt. gel. Z. 1792. S. 233. Gött. gel. Z. 1792. II. S. 1320. Hartenkeil’s Z. 1792. III. S. 17.

12. De scirrho carotidis eiusque cura. Würzb. 4. 1793.
13. Diss. (respond. J. Ch. Klett) sistens tentamen evolvendi notionem de sanitate hominis. 8. ib. 1794. 3 Bog.

s. Hartenkeil’s Z. 1794. IV. S. 127.

14. D. de intussusceptione membranae urethrae internae ex prolapsu eiusdem, observat. singularis anat. chirurg. ib. 1795.
15. Praktische Beobachtungen über die Castration. 8. Frankf. b. Varrentrapp 1802. 58 S.

s. Obert. Lit. Z. 1802. II. S. 602.

16. De singulari et curat. perdifficili labio leporino, in Novis Actis Nat. curios. B. 6. S. 225.
17. De felici penis carcinomatosi amputatione; ibid. S. 229.
18. Observat. de pericardio, pure repleto, post cariem ossium, faciei; ibid. B. 8. S. 38.
19. Nachricht von einer glücklich verrichteten Schaambeintrennung; in Seances publiques de l’academie royale de Chirurgie. à Paris 1779. S. 143.
20. Geschichte eines glücklich verrichteten Stein Schnittes; im medizinischen Wochenblatt. 1780. Jahrg. 1. St. 1.
21. Parotidis scirrhosae feliciter extirpatae historia; in Actis Acad. scient. Erford. 1780 et 1781.
22. Von einem Kakerlaken in Würzburg; in Blumenbachs medizin. Bibliothek. 1788. B. 3. St. 1.
23. Geschichte eines, nach einem complicirten Beinbruch entstandenen u. durch die Amputation geheilten Trismus; in Loders Journal der Chemie. 1797. B. 1. St. 1. S. 28.
24. Geschichtc eines durch die Operation geheilten Fleisch-Wasserbruchs; ebend. B. 3. S. 371.
25. Heilung eines, mit heftigen Blutungen verbundenen, schwammigten Auswuchses am Kopfe durch das Kosmesche oder Bernardische Arzneymittel; in Hufelands Journal der praktischen Heilkunde. 1797. B. 4. S. 1.
26. Geschichte der Heilung eines Ausschlags am ganzen Körper, und besonders im Gesicht; ebend. 1798. B. 6. St. 1.
27. Zwey Beobachtungen über den sogenannten schwammichten Auswuchs der harten Hirnhaut; in Arnemann’s Magazin der Wundarzneykunst. 1798. B. 1. St. 4.
28. Drey Beobachtungen über die Blutadergeschulst an den grossen Schaamlefzen, und Briefwechsel über die Exstirpation einer Geschwulst im Gesichte; in Baldingers Neuem Magazin für Aerzte. B. 15. St. 5. S. 385.
29. Beobachtung eines grauen Staars, der sich von selbst senkte, nebst Bemerkungen über die Depression; in Himly’s u. Schmidt’s ophtamologischen Bibtiothek B. 1. H. 2. S. 187.
30. Verschiedene Bemerkungen und Beobachtungen über den Nutzen der Leichenöffnungen, Knochenerweichung, Trepanation u. s. w. in den Würgburgischen gelehrten Anzeigen.

Vergl. Bönicke Grundriß einer Geschichte der Univers. Würzburg. Theil II. S. 179--183. Baldinger’s Biographien jetztleb. Aerzte u. Naturforscher B. 1. St. 4. S. 183. Meusel’s gel. Teutschland 5. A. B. VII. S. 492. B. X. S. 672. u. B. XV. S. 475. Bock’s Sammlung von Bildnißen gel. Männer B. II. Siebold’s Leben u. Verdienste, entworfen mit Verehrung, Liebe u. Dankbarkeit von dem Nächsten seiner zahlreichen Schüler (seinem Sohn Johann Barthel Siebold.) 4. Würzb. 1807. Hartenkeil’s medizin. chirurg. Zeitung 1807. B. II. n. 46 u. 47. Hirsching’s Handbuch fortges. von Ernesti B. XII. Abth. 2. S. 495--496. Baur’s biograph. Handwörterbuch 1816. B. II. S. 493--496. Sprengel’s kritische Uebersicht des Zustandes der Arzneykunde in dem letzten Jahrzehend des 18. Jahrhunderts. Repertorium allgem. der Literatur 1785--1800. Ersch Handbuch der teutschen Literatur Abth. IV.

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