Andreas Felix von Oefele (GND 120253801)

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Daten
Nachname von Oefele
Vorname Andreas Felix
GND 120253801
( DNB )
Wirkungsgebiet Wissenschaft

von OEFELE (Andreas Felix) Hofbibliothekar zu München; einer der würdigsten unvergeßlichen Baierischen Gelehrten des achtzehnten Jahrhunderts, gebohren am 17. Mai 1706 zu München, wo sein frühezeitig verstorbener Vater Kronenwirth war. Die Familie soll aus einem alten und edlen, aus Rhätien nach Baiern gekommenen, Geschlechte stammen. Im neunten Jahr seines Alters fieng der junge Oefele an, die öffentlichen latein. Schulen in München zu besuchen; aber unzufrieden, daß man in denselben für seine Fähigkeit zu wenig, und für seine Wißbegierde viel zu langsam lehrte, verlegte er sich mit kühnem Versuche ganz allein zu Hause auf die lateinische und griechische Sprache, und das Studium der alten Klassiker, und erlangte hierin binnen kurzer Zeit eine so ausserordentliche Stärke, daß er mit aller Fertigkeit schon in der 3ten Klasse Cicero’s und Virgil’s Bücher erklärte, in der 5ten den Homer aus der Grundsprache in die lateinische übersetzte, und in der Philosophie alle alten, und die damahligen neuen Systeme kannte. Er zog dadurch die Aufmerksamkeit der Gelehrten in seiner Vaterstadt, so wie auch des Hrn. von Schollenberg seines nachmaligen Stiefvaters auf sich, welcher ihn aufmunterte und unterstützte, und ihn auf verschiedenen Reisen nach Schwaben, Franken, Oesterreich, die Schweitz, Böhmen, Ungarn, und Schlesien mit sich nahm. Oefele fieng auch an, sich in der vaterländischen Geschichte umzusehen, und erlernte die französische und italienische Sprache. Im November 1724 gieng er auf die hohe Schule nach Ingolstadt, wo er Civil- und geistliches Recht, Geschichte, und Theologie studirte. Im Junius 1726 wurde er in das Collegium miliarium zu Löwen aufgenommen, studirte an der dortigen hohen Schule Literargeschichte, Alterthumskunde, griechische und hebräische Sprache, und ward 1727 zum Bibliothekar der dortigen Teutschen Nationalbibliothek ernannt. Im J. 1730 gieng er in sein Vaterland zurück, und wurde noch in demselben Jahre der Reisegefährte des jungen Freyherrn Franz Xaver von Lerchenfeld, mit welchem er nach Frankreich gieng. Oefele verfeinerte, vermehrte, und vervollkommte seine bis dahin gesammelten Kenntnisse, indeme er den Geschmack der grossen Geister der französischen Nation studirte, und sich zu Paris mit den schönsten Bibliotheken und Kunstsammlungen, und den berühmtesten Gelehrten genau bekannt machte. Der Abt Demairais Bibliothekar des grossen Mazarinischen Collegiums, Duprès der Congregation von St. Maurus, Monterif, Fontenelle, Montfaucon, und andere wichtige Männer wurden seine Freunde, und Vivien unterrichtete ihn in Kenntniß der Maler- Bildhauer- und Kupferstichkunst. Im Mai 1734 verließ er Paris, durchreisete die Niederlande, Holland, und den ganzen Rheinstromm, kam nach München zurück, und erhielt das Zutrauen, daß ihm die zwey Prinzen des Herzogs Ferdinand, nämlich Maximilian und Klemens, zum Unterricht und zur Bildung anvertraut wurden. Im J. 1737 ernannte ihn der Kurfürst August von Kölln zu seinem Hofrath, und 1738 Herzog Klemens nach erlangter Volljährigkeit zu seinem geheimen Kabinets-Sekretär. Am 24. Novemb. 1743 verehelichte er sich mit Maria Anna geb. Bliemelmaier, mit welcher er in einer glücklichen und musterhaften Ehe lebte. Er wurde vom Kurfürsten Maximilian III. zum Rath, und 1746 zum Hofbibliothekar und Aufseher des Antiquariums zu München ernannt. Oefele gab der Bibliothek eine ganz neue Gestalt und Einrichtung, worüber er die gelehrtesten Männer, mit denen er in beständigem Briefwechsel stand, vorzüglich den königlich Pohlnischen Hofbibliothekar Joh. Christ. Göz zu Rath gezogen hat. Er verlegte sich auch auf das Studium der englischen, syrischen und chaldäischen Sprachen. Im J. 1759 nach Entstehung der Baierischen Akademie der Wissenschaften wurde er unter die ersten Mitglieder aufgenohmen, und 1769 beym Kurfürstl. Büchercensur Collegium als Censor der historischen Schriften aufgestellt. In verschiedenen Fällen, besonders bey Irrungen mit benachbarten Mächten, wurden von ihm Gutachten abgefordert, und man bediente sich in literarischen und politischen Angelegenheiten seines Rathes. Sein Fleiß war von seiner Jugend an bis in sein hohes Alter unbegränzt. Schon in seinem fünfzehenten Jahre fieng er an, Alles, was auf Baierische Geschichte Bezug hatte, zu sammeln, und fuhr damit fort bis 1761, woraus 23 Bände entstanden. Eben so fieng er in seinem siebenzehenten Jahre einen Apparatum Bavariae doctae an, und brachte ihn auf 10 Bände. Für die Bibliothek der Kaiserin Amalie verfertigte er einen Catalog, und der kaiserlichen Prinzeßin Antonie, nachmaligen Kurfürstin von Sachsen, gab er Unterricht in der Numismatik. Im J. 1778 traf ihn ein Schlagfluß, welcher, obschon sein Körper davon hergestellt ward, doch seine Geisteskräfte sehr lähmte. Schwach am Gedächtniß, verwirrt in der Vorstellungskraft, arm an Worten, fühlte er, was er war, und wie wenig er nun mehr sey, und dieß machte, daß er sich ganz zurückzog, und, auch schüchtern gegen die sonst vertrautesten Freunde, die Einsamkeit liebte. An einem wiederhohlten Anfall des Schlagflußes starb er zu München den 24. Februar 1780 im vier und siebenzigsten Jahre seines rühmlichen Alters, und wurde in der Stiftskirche zu U. L. Frau begraben, wo auf seinem Grabstein folgende Inschrift befindlich ist: D. O M. Andreae Felici Oefelio Nobili Bavaro, Sereniss. Ducum Bavariae Consiliario, et Bibliothecae praefecto, non memoriae ergo, quam scriptis ipse indelebilem sibi comparavit, sed ad desiderii solatium filius et vidua relicta posuerunt. Natus Monachii 1706. denatus 24. Febr. 1780. Viator bene precare. -- Das Gedächtniß seiner Tugenden, seine Gelehrsamkeit, seine vortrefflichen Gemüthseigenschaften, sein durchdringender Witz, sein gesetzter Muth, sein warmer Patriotismus, und seine gelehrten Werke, machen ihn dem Vaterlande, und dem ganzen Reiche der Gelehrsamkeit, für ewig schätzbar, und zur bleibenden Zierde. Er hinterließ einen einzigen Sohn, den am 16. September 1746 gebohrnen, und 1790 in den Freyherrnstand erhobenen Klemens Benno von Oefele, Königl. geheimen Rath. Er besaß eine große und auserlesene Bibliothek, dann sehr schöne Gemälde- Kupfer- Naturalien- und Münz-Sammlungen. Sein Porträt wurde in Paris von Juvenel, und in Teutschland von Demarre, Kaufmann, und Müller gemalt, dann von Zimmermann u. andern Künstlern in Kupfer gestochen. Dasselbe befindet sich auch vor der Lippertschen Ausgabe von Velseri historia boica. Im J. 1777 verfertigte Scheufel in München eine Medaille auf Oefele, mit dessen gut getroffenem Bilde, und mit der Umschrift: Ars utinam mores animumque effingere posset! -- Seine Schriften:

1. De Minerva sapientiae olim praeside, Syntagma mythologicohistoricum. 8. Lovanii typis Overbeke. 1730. Er nannte sich auf dem Titel dieser, jetzt höchst seltenen Schrift, so wie auf den Titeln mehrerer seiner Manuscripte, Evelius.
2. Rerum boicarum Scriptores, nusquam antehac editi, quibus vicinarum quoque gentium, nec non germaniae universae Historiae ex monumentis genuinis, historicis, ac diplomaticis plurimum illustrantur. Ex membranis et chartis vestustis collegit, descripsit, ac monitis praeviis indiceque copiosissimo instruxit atque edidit Andr. Fel. Oefelius, Monacensis. Tomus I. 800 S. nebst 48 Bogen Vorrede und Register. Tomus II. 834 S. u. 34 Bogen Register. Fol. Augustae Vindel. sumptibus Ignat. Adami et Franc. Ant. Veith. bibliop. 1763.

s. Annalen d. baier. Lit. B. 2. S. 168--182. Journal de Trevoux 1763. II. Avril S. 1073. et Mai S. 1266. Regensb. gel. Z. 1763. S. 244. u. Beyl. 7. S. 51.

3. Unter seinen zurückgelassenen, meistens schon ganz zum Druck bearbeiteten, Manuscripten befanden sich: I. Bavaria docta, seu de vita et scriptis virorum per Bavariam illustrium omnis generis, aetatis, conditionis, Theologorum, Jureconsultorum, Philologorum, Medicorum, Philosophorum, Oratorum, Grammaticorum, nec non excellentium Pictorum, Musicorum, Statuariorum, Chalcograhorum, aliorumque artium Artificum. Er wollte dieses Werk Dekadenweis herausgeben. -- II. Otium Parisinum, in 9 Bänden. Enthält Charaktere, Anekdoten von berühmten Männern, Excerpte aus Büchern, Rezensionen, und allerley Bemerkungen. -- III. Furiae jugales virorum eruditorum, ad virum sapientissimum Socratem. Von Gelehrten, die von ihren Weibern gequält werden. -- IV. Charitas pronubae virorum doctorum. Von glücklichen Ehen gelehrter Männer. -- V. Amores furtivi virorum eruditorum. -- VI. Musae chriae, seu de viris eruditis vino et ingluvici deditis. De sinistra eruditorum fortuna Syntagma. sive musae mendicantes. De eruditis adulatoribus et calumniatoribus Sylloge, et de doctis impostoribus et plagiariis. De eruditis caecis et mente captis. De eruditis deformibus sive Nosocomium doctum. Serdes eruditorum cynicae, seu musae avarae. De fastu philosophorum. De gratis et ingratis discipulis. -- VII. Oefeliana. Enthalten einige seiner Reisebeschreibungen. -- VIII. Judicia Eruditorum de Eruditis. Acta Augustarum, a Caroli Magni aevo ad praesens per annorum seriem deduci coepta, et ad eam, quam vides, molem perducta. Rupertus Palatinus, clemens, pius, felix, augustus. Collectanea historica de vitis serenissimorum principum Austriacarum. Sylloge de cancellariis Bavariae. Rhapsodia genealogico-historica ex chartis emporeticis et obiectis cellectae, ad res Bavariae potissimum spectantes. Variae collectiones in Anna, ut Niceroniana, Drexeliana et Peutingeriana. -- IX. Excerpta Boica, in bibliotheca Augustiniana conventus Monacensis ex variis scriptoribus historiae patriae scriptorum congesta. -- X Recensiones A. F. Oefelii secundum ordinem Manuscriptorum latinorum Bibliothecae Bavaricae.
4. Er kopirte auch das überaus seltene, auf Egyptisches Papier geschriebene Manuscript: Traditiones ecclesiae Ravennatensis, und des Rebdorfischen Priors Kilian Leib Annales sui temporis (1502--1549) in der Hofbibliothek, um beyde seltene Ueberbleibsel des Alterthums durch den Druck bekannt zu machen. Dieß geschah aber in Absicht der Leibischen Annalen bis 1521 erst durch Hrn. Christoph Freyherrn von Aretin in seinen Beyträgen zur Geschichte u. Literatur. Jahrg. 1806. St. 11 u. 12.
5. Seine Pinakothek, ein Werk, das lauter Kupferstiche gelehrter und merkwürdiger Personen beiderley Geschlechts in 25 Bänden enthielt, sammelte er mit dem Vorhaben, bey jeder eine kurze Lebensbeschreibung hinzu zu setzen. Auch sammelte er eine Menge Baierischer Urkunden unter dem Titel: Reliquiae diplomaticae in 10 Foliobänden, und versah sie mit Anmerkungen und Erklärungen.

Vergl. Westenrieder’s Baierische Beyträge zur schönen und nützlichen Literatur 1780. B. I. St. 4. S. 293. Westenrieder zum Andenken an A. F. von Oefele (aus den Baier. Beyträgen besonders abgedruckt.) 8. München 1780. Westenrieder’s Geschichte der Baierisch. Akad. d. Wissensch. B. I. S. 180. u. B. II. S. 557--564. Vachiery akad. Rede zum Andenken an Oefele. 4. München 1781. Haas Ode auf Oefele’s Tod. 8. München. 1780. Mederer Annales Ingolstad. acad. B. III. S. 168. Steigenberger’s literar. Versuch von Entstehung der Hofbibliothek 1784. S. 41. Hamberger’s gel. Teutschland B. II. S. 289. Bertram’s Geschichte der Gelehrtheit Th. I. Abschn. 7. S. 513. Aretin’s literar. Handbuch für die Baierische Geschichte Th. I. S. 67--71. Nürnberger gelehrte Zeitung 1781. S. 439. Hirsching’s hist. lit. Handbuch, fortges. von Ernesti B. VI. Abth. 1. S. 369--371. Meusel’s histor. Literatur für das J. 1781. B. II. S. 139--151. Meusel’s Lexikon verstorb. Schriftsteller B. X. S. 161--164. Rotermund’s Lexikon B. V. S. 950. Ladvocat’s Handwörterbuch B. VI. S. 1517.

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